Papst besucht Anglikaner-Kirche in Rom
Papst Franziskus hat am Sonntag als erster Bischof von Rom die anglikanische All-Saints-Kirche in Italiens Hauptstadt besucht. Dies sei nicht nur eine Gnade, sondern auch mit der Verantwortung verbunden, die gemeinsamen Beziehungen weiter zu stärken, sagte er am Nachmittag in der Allerheiligenkirche der Anglikaner. "Manchmal kann der Weg zur vollständigen Einheit langsam und unsicher erscheinen, aber aus unserer heutigen Begegnung können wir Ermutigung ziehen", machte Franziskus Hoffnung für die Ökumene.
Der Papst nahm in dem neugotischen Gotteshaus wenige Schritte von der Spanischen Treppe entfernt an einem "Choral Evensong" teil, dem anglikanischen Pendant zum katholischen Vespergottesdienst. Anlass des Besuchs war das 200-jährige Bestehen der Pfarrei; die heute rund 250 Mitglieder zählende anglikanische Pfarrei Roms wurde am 27. Oktober 1816 gegründet. Damals herrschten oft Misstrauen und Feindseligkeit zwischen Anglikanern und Katholiken, so Franziskus. "Gott sei Dank erkennen wir uns heute als das, was wir wirklich sind: Brüder und Schwestern in Christus, durch unsere gemeinsame Taufe." Beide hätten den Wunsch, gemeinsam weiter voranzuschreiten und Jesus Christus zu folgen.
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Sonntagnachmittags macht der Papst gern Pfarreibesuche in seiner Bischofsstadt Rom. Gern feiert Franziskus dabei eine Messe unter Katholiken. Doch ab und zu besucht er auch andere Christen - diesmal kommt er zu den Anglikanern.Gemäß dem Vorbild des Apostels Paulus dürfe man angesichts von Spaltungen nicht aufgeben, sondern müsse sich vielmehr für die Versöhnung hingeben, forderte der Papst. Für Erfolge in der Ökumene sei wichtig, bescheiden zu sein, hinauszugehen und als "Bettler um Barmherzigkeit" anzuerkennen, das Gottes Hilfe nötig sei. "Das ist der Ausgangspunkt, damit Gott wirken kann", betonte Franziskus. Katholiken und Anglikaner seien dankbar, dass es nach "Jahrhunderten gegenseitigen Misstrauens" heute möglich sei, zu erkennen, "dass die ergiebige Gnade Christi auch in den anderen wirkt", so der Papst weiter. Der Wunsch nach wachsender Gemeinschaft komme auch in vielen Formen der Zusammenarbeit zum Ausdruck. Es gelte, den gemeinsamen Dienst für die Stadt Rom, das Evangelium und das Lob Christi weiter zu stärken. "Durch das einträchtige Zeugnis der Nächstenliebe wird das barmherzige Antlitz Jesu in unserer Stadt sichtbar", so der Papst.
Franziskus predigte nicht nur, er nahm auch an der Segnung einer Christ-Erlöser-Ikone teil und leitete mit dem Leiter der Europa-Diözese der Kirche von England, Bischof Robert Innes, die Erneuerung des Taufversprechens. Zum Abschluss seiner Visite sollte der Papst zudem drei Fragen der Gemeinde beantworten. Am 13. März soll im Petersdom erstmals ein Gebet nach anglikanischem Ritus stattfinden. Im Oktober 2016 hatten Franziskus und das Ehrenoberhaupt der Anglikaner, Erzbischof Justin Welby, in Rom gemeinsam eine Vesper gefeiert. Anlass waren die 50-Jahr-Feiern der Aufnahme des offiziellen anglikanisch-katholischen Dialogs im Jahr 1966.
Bei seinem Besuch in der Anglikaner-Kirche kündigte Franziskus auch an, gemeinsam mit dem Ehrenoberhaupt der Anglikaner, Erzbischof Justin Welby, in den Südsudan reisen zu wollen. "Meine Mitarbeiter wägen die Möglichkeit einer Südsudan-Reise ab", sagte der Papst, einen konkreten Zeitraum nannte er nicht. Ein anglikanischer, ein presbyterianischer und ein katholischer Bischof hätten ihn um diese Reise mit Welby gebeten, erläuterte Franziskus die Hintergründe. Die aktuelle Lage in dem Land sei "sehr schlimm", aber die Leute wollten Frieden. "Gemeinsam arbeiten wir am Frieden", so der Papst. Eine mögliche Südsudan-Reise des katholischen Kirchenoberhauptes hatte Ende Oktober bereits der Erzbischof von Juba, Paulino Lukudu Loro, in Aussicht gestellt.
Der Südsudan erlangte im Juli 2011 staatliche Unabhängigkeit vom Sudan. Seit 2013 liefert sich Präsident Salva Kiir einen blutigen Machtkampf mit seinem Herausforderer Riek Machar. Rund drei Millionen Menschen wurden laut UN-Angaben bereits in die Flucht getrieben. Rund 50.000 Menschen starben in dem Konflikt. (stz/KNA)