Papst: Kirche verurteilt keine Homosexuellen
Die Religion habe zwar das Recht, "die eigene Überzeugung im Dienst am Menschen auszudrücken"; Gott habe die Menschen in der Schöpfung jedoch "frei" gemacht, sagte Franziskus in dem Gespräch, das die deutsche Jesuiten-Zeitschrift "Stimmen der Zeit" veröffentlichte.
Das Interview führte der Chefredakteur der italienischen Zeitschrift des Ordens "Civilta Cattolica", Antonio Spadaro. Es wurde in mehreren Publikationsorganen des Ordens veröffentlicht. Franziskus ist selbst Jesuit.
Zugleich bekräftigte der Papst seine Treue zur Morallehre der katholischen Kirche: Ihre Ansichten seien hinreichend bekannt, "und ich bin ein Sohn der Kirche", sagte er. Man müsse "nicht endlos davon sprechen".
Franziskus warnte vor einer einseitigen Fixierung auf moralische Fragen: "Wir können uns nicht nur mit der Frage um Abtreibung befassen, mit homosexuellen Ehen, mit Verhütungsmethoden." Die katholische Kirche müsse sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren; dies sei die Glaubensverkündigung.
„Wir können uns nicht nur mit der Frage um Abtreibung befassen, mit homosexuellen Ehen, mit Verhütungsmethoden.“
Franziskus wies darauf hin, dass er mit seiner Äußerung zu Homosexualität während des Rückflugs vom Weltjugendtag in Rio de Janeiro Ende Juli lediglich bekräftigt habe, was im Katechismus stehe. Damals hatte Franziskus mit der Aussage Aufsehen hervorgerufen, dass er eine homosexuelle Person, die guten Willens sei und Gott suche, nicht verurteilen könne.
Gedanken über den "spezifischen Platz der Frau"
Im gleichen Interview hat der Pontifex größere Mitspracherechte für Frauen Kirche gefordert. "Die Räume einer einschneidenden weiblichen Präsenz in der Kirche müssen weiter werden", sagte er. Die katholische Kirche stehe heute vor der Herausforderung, über den "spezifischen Platz der Frau" nachzudenken. Das gelte "gerade auch dort, wo in den verschiedenen Bereichen der Kirche Autorität ausgeübt wird."
Allerdings deutete Franziskus auch an, dass eine größere Rolle von Frauen nicht automatisch einen Zugang zu Weiheämtern bedeute. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass Frauen eine andere Persönlichkeitsstruktur hätten als Männer. Wörtlich warnte er vor einer "Männlichkeit im Rock".
Die Gottesmutter Maria etwa sei zwar wichtiger als einzelne Bischöfe, erläuterte Franziskus. Man dürfe aber nicht Funktion und amtliche Würden verwechseln. Der Papst rief abermals dazu auf, eine "gründliche Theologie der Frau" zu erarbeiten, um die Funktion der Frau innerhalb der katholischen Kirche weiter zu klären.
Zugleich hat sich der Pontifex für eine stärkere Stellung der Bischofskonferenzen gegenüber dem Vatikan ausgesprochen. Es sei "eindrucksvoll", die Anklagen wegen angeblicher Mängel an Rechtgläubigkeit zu sehen, die in Rom einträfen. Kurienbehörden dürften aber keine "Zensurstellen" sein. Solche Fälle würden "besser an Ort und Stelle" von den jeweiligen Bischofskonferenzen untersucht. Der Vatikan könne sich dabei auf eine Hilfestellung beschränken. (meu/KNA)