Migrationsbischof Norbert Trelle ruft Staaten auf, ihrer Verantwortung für Flüchtlinge gerecht zu werden

Rettet weiter Leben!

Veröffentlicht am 26.10.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Flüchtlinge

Bonn ‐ Sei es aus Afrika, Syrien, aus dem Irak oder dem Gaza-Streifen: Der Ansturm von Flüchtlingen nach Europa ist angesichts der weltweiten Krisen derzeit groß. Nicht wenige Menschen geben sich in die Hand von zwielichtigen Schleppern, werden in schlecht ausgestatteten und überfüllten Schiffen über das Mittelmeer gebracht. Wenn die Boote kentern, haben die Flüchtlinge kaum eine Chance zu überleben – es sei denn sie werden von Fischern oder der italienischen Seerettungsoperation "Mare Nostrum" aus dem Wasser gezogen.

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Nun hat die deutsche Bischofskonferenz die Europäische Union aufgerufen, diese systematische Rettung von in Seenot geratenen Flüchtlinge nicht einzustellen. Ein großer Teil der etwa 150.000 Schiffbrüchigen, die die italienische Marine in der bis dahin beispiellosen Operation gerettet habe, stamme aus von Krisen, Krieg und Bürgerkrieg gebeutelten Staaten wie Syrien, Eritrea oder dem Sudan und brauche dringend Schutz, sagte Migrations-Bischof Norbert Trelle.

Grenzschutz statt Rettung aus Seenot?

Hintergrund ist der Start von "Triton", einer neuen Operation unter Leitung der EU-Grenzschutzagentur Frontex, am 1. November. Diese sei nach bisherigen Erkenntnissen darauf ausgerichtet, die Patrouillen an den Grenzen auszuweiten, ohne jedoch auf dem Meer explizit nach Flüchtlingsbooten in Seenot zu suchen, so Trelle. Dagegen wehrt sich der Hildesheimer Bischof entschieden: "Hier muss nachgebessert werden!", fordert er.

Das Leben der Flüchtlinge zu retten, sei ein Gebot der Menschlichkeit. Sei es mit Geld oder Einsatzkräften - alle Staaten der EU müssten sich an der Rettung Schiffbrüchiger beteiligen. Auch das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNCHR) und andere Hilfsorganisationen befürchteten als Konsequenz aus "Triton" deutlich mehr der Todesfälle auf dem Mittelmeer.

Trelle: Sichere Wege nach Europa öffnen

Nicht nachvollziehen kann Trelle die mehrfach geäußerte Kritik, "Mare Nostrum" erleichtere kriminellen und gewissenlosen Schleppern die Arbeit: "Selbst wenn das im Einzelfall so sein sollte: Die Alternative zur Rettung ist der Tod. Wir dürfen uns nicht in einen Wettlauf des Zynismus begeben." Angesichts der großen Not der Betroffenen sei es vielmehr notwendig, Schutzbedürftigen sichere Wege nach Europa zu eröffnen.

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Video: © Benjamin Krysmann

Der Bischof von Hildesheim über seine Aufgaben als zuständiger Migrationsbischof in Deutschland

"Wir können zweifellos nicht Millionen Flüchtlinge aufnehmen oder vor Ort versorgen. Wir sind aber weder bei der Aufnahme noch bei der finanziellen Unterstützung der Hilfe am Ende unserer Möglichkeiten angelangt", erklärte Trelle, der auch Bischof von Hildesheim ist.

Erst am Samstag hatte Frontex-Leiter Gil Arias-Fernandez gegenüber dem Berliner Tagesspiegel gesagt, Schlepper nutzten "Mare Nostrum" aus. Seit die Operation eingeführt worden sei, brächten sie deutlich mehr Menschen auf ihren Booten unter und gäben ihnen weniger Lebensmittel, Benzin und Wasser mit. Dennoch habe "Mare Nostrum" tausende Menschenleben gerettet.

Hilfswerke, Caritas und Bistümer helfen

Trelle verwies auch auf den Einsatz der Kirchen für die Flüchtlinge. Hilfswerke setzten sich mit Spenden ein, die Caritas berate und begleite Flüchtlinge, Bistümer und Gemeinden stellten Unterkünfte zur Verfügung. Ehrenamtliche Helfer seien engagiert, um Flüchtlinge willkommen zu heißen.

Trelle mahnte auch eine Diskussion über bisherige Regelung der Aufnahme von Flüchtlingen in der Europäischen Union an. Nach dem bisherigen Regelwerk müssen Menschen in dem EU-Mitgliedsstaat einen Asylantrag stellen, in dem sie ankommen. Dadurch die sind Mittelmeerstatten wie etwa Italien und Griechenland besonders belastet. Vorschläge für ein faireres Verfahren lägen bereits auf dem Tisch, erklärte Trelle. Nun müssten sich die Staaten über ein neues Vorgehen einigen, das ihrer gemeinsamen Verantwortung gerecht werde. (gho/KNA)