Schuld und Vergebung
"Und erlass uns unsere Schulden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben", heißt es im Evangelium nach Matthäus (Mt 6,12). Den meisten Christen wird dieser Satz irgendwie bekannt vorkommen, selbst dann, wenn bei ihnen die Bibel nicht zur täglichen Gute-Nacht-Lektüre gehört. Denn er findet sich – leicht abgewandelt – im Vaterunser wieder. Und wenn die Katholiken das Apostolische Glaubensbekenntnis sprechen, dann heißt es dort "Ich glaube an…die Vergebung der Sünden".
Die Schlüsselworte Schuld und Vergebung finden sich jedoch nicht nur in den wichtigsten Gebeten und Bekenntnissen der katholischen Kirche, sondern auch in ihren Sakramenten: in der Taufe, in der Eucharistie, in der Buße. Denn in erster Linie geschieht diese Vergebung durch Gott und seinen Sohn Jesus Christus. Die Sakramente sind Hinweiszeichen dieser Vergebung und Gnade Gottes.
Die Taufe ist das bedeutsamste Sakrament der Sündenvergebung
Die Taufe ist das erste und bedeutsamste Sakrament der Sündenvergebung. Sie vereint die Gläubigen mit Christus, der für die Sünden der Menschen gestorben ist und für ihre Erlösung auferweckt wurde, damit sie "als neue Menschen leben" können (Röm 6,4). Durch die Taufe werden nun die Sünden der Menschen mit Wasser "begraben" – sowohl die persönlichen Sünden, als auch die Erbsünde, die der Menschheit durch den Ungehorsam Adams auferlegt wurde. Damit verbleibt nichts, was den Getauften "am Eintritt in das Reich Gottes hindern würde", wie im Katechismus der Katholischen Kirche (KKK 1263) festgehalten wurde.
In der Eucharistie schenkt Christus den Gläubigen seinen Leib, den er am Kreuz hingegeben hat, und sein Blut, das er "für viele vergossen" hat "zur Vergebung der Sünden". Die Kommunion kann die Gläubigen nicht mit Christus vereinen, ohne sie zugleich von den begangenen Sünden zu reinigen und vor neuen zu bewahren. Denn wie die gewöhnliche Nahrung dazu dient, die verbrauchten Kräfte wiederherzustellen, so stärkt die Eucharistie die Liebe, die im täglichen Leben zu erlahmen droht. Diese neubelebte Liebe tilgt die lässliche Sünden, verkündeten die Konzilsväter in Trient (1545-1563).
"Die zum Sakrament der Buße hinzutreten, erlangen für die Gott zugefügte Beleidigung von seiner Barmherzigkeit Verzeihung und werden zugleich mit der Kirche wieder versöhnt", heißt es in der Dogmatische Konstitution "Lumen Gentium". Daher wird es auch das Sakrament der Umkehr genannt. Jesus Christus selbst ruft zu dieser Umkehr auf, die einer Rückkehr zum Vater gleichkommt, von dem man sich durch die Sünde entfernt hat (Lk 15,18).
Der Gläubige soll dem Vorbild Jesu folgen
Doch ist es nicht nur Gott, sondern auch der Gläubige selbst, der seinen "Schuldigern vergeben" soll. Denn Christ sein bedeutet nicht nur, die Sakramente zu empfangen, sondern – durch diese gestärkt – dem Vorbild Jesu in Barmherzigkeit und Liebe zu folgen. Es ist der Apostel Petrus, der Jesus fragte: "Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt? Siebenmal?" Doch der Sohn Gottes antwortet: "Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal" (Mt 18,21f).
Für die Gläubigen im Bistum Limburg bedeutet das, den Mut aufzubringen, denen zu vergeben, die da gesündigt haben. Nur dann kann das Domkapitel seine Arbeit wirkungsvoll fortsetzen und versuchen, das verlorene Vertrauen wiederaufzubauen. Es gibt jedoch auch Gläubige, denen eine Bitte um Verzeihung, wie sie das Limburger Domkapitel nun vorgetragen hat, nicht weit genug geht. Denen, die einen Rücktritt fordern, sei noch einmal der Katechismus ans Herz gelegt, wo es heißt: "Jede Verfehlung gegen die Gerechtigkeit und die Wahrheit bringt die Verpflichtung zur Wiedergutmachung mit sich, selbst dann, wenn ihrem Urheber Vergebung gewährt worden ist" (KKK 2487). Wiedergutmachen kann jedoch nur der, der eine Chance dazu bekommt.
Von Björn Odendahl