"So kann es nicht weitergehen"
"Ich bekomme praktisch nur Zuspruch", so der Geistliche. Inzwischen gehe es bei den Rückmeldungen aber nicht mehr um seine Person, sondern um das Thema: "Dann ist das gut."
"Ich liebe meine Kirche"
Es ist keine Seltenheit, dass Seelsorger, zumal nach 30 Jahren im Gemeindedienst, ein "Sabbatical" nehmen. Manche mit Burnout oder Zweifeln am Glauben oder dem Zölibat, andere fühlen sich von der Verwaltungsarbeit in riesigen Pfarreien überfordert. Bei Frings, der in südamerikanischen Basisgemeinden den Wert direkter Kommunikation schätzen gelernt hat, liegt der Fall anders. "Ich habe kein Problem. Ich bin voller Energie und liebe meine Kirche. Ich will nichts anderes sein als Priester. Aber so kann es nicht weitergehen."
Was den eloquenten Seelsorger vor allem stört: Vom kirchlichen "Bodenpersonal" werde Perfektion und unbedingte Serviceorientierung erwartet; doch bei vielen Trauungen, Taufen und Kommunionfeiern etwa zeige sich, dass kaum Nachhaltiges bleibt. "Schon die Hälfte der Familien kommen nicht mal mehr zum Dankgottesdienst", beklagt Frings. In diesem Zusammenhang entstand auch die schräge Schlagzeile: "Pfarrer geht wegen Helene Fischer ins Kloster". Dahinter steckte eine Braut, die nach dem Ja-Wort unbedingt einen Helene-Hit zum Besten geben musste. Für Frings nur ein frustrierendes Beispiel von vielen, bei denen Äußerlichkeiten kaum Platz lassen für den eigentlichen Kern.
Kritik an Strukturreformen
Frings zweifelt aber auch an kirchlichen Strukturreformen. "Wir machen immer neue Pläne, Synoden, Foren und Dialogprozesse und wissen genau, dass keines dieser Dinge je eine Trendwende hervorgerufen hat." Auch wenn er in der Gesellschaft viel Sehnsucht nach Glaube spüre - am Relevanzverlust ändere das nichts. "Seit ich denken kann, verliert die Kirche an Bedeutung." Und schließlich: Trotz leerer Priesterseminare werde Kirche immer noch nach dem Motto gedacht: Wo ein Priester ist, ist Gemeinde. "Das kann ich nicht mehr mittragen."
Lösungen hat der Großneffe des berühmten Kölner Kardinals Joseph Frings auch nicht parat. "Das Bodenpersonal hat Grenzen, aber ich glaube, so schlecht sind wir auch nicht, dass wir schuld sind an dieser Situation." Nicht einmal der populäre Papst Franziskus reiße es raus, meint der geschätzte Seelsorger, der dem Priesterrat des Bistums angehört. "Wenn der Papst schlecht ist, treten die Leute aus. Wenn er gut ist, ist es aber noch kein Grund, wieder einzutreten." Auch der Abschied vom Zölibat oder die Zulassung von Frauen im Priesteramt brächten nichts, meint Frings und verweist auf die evangelische Kirche. "Wir können dreimal soviel strampeln. Aber wir sind einem allgemeinen Trend ausgeliefert."
„Wir machen immer neue Pläne, Synoden, Foren und Dialogprozesse und wissen genau, dass keines dieser Dinge je eine Trendwende hervorgerufen hat.“
Er selbst zieht sich ab Ostermontag zurück aus dem Hamsterrad. Frings wird Auto und Möbel verkaufen und mit dem Erlös in ein kleines Kloster in den Niederlanden gehen. Auf der Gehaltsliste des Bistums Münster steht er ausdrücklich nicht mehr. "Sonst kann ich ja nicht in Freiheit nach meinem Weg suchen." Viel Lob hat er für "seinen" Bischof Felix Genn. "Ich kann Sie gut verstehen", habe der ihm gesagt und ihm jederzeit die Rückkehrmöglichkeit zugesichert. Auch von den Priesterkollegen erfahre er nur Respekt und Zustimmung. "Endlich sagt es mal einer", höre er da.
"Wir brauchend dringend Stille"
Mit seinen Einlassungen habe er nicht seine Kirche kritisieren, sondern nur Fragen stellen wollen, betont Frings. Nun wird er erst einmal viel schweigen. Seine neue Heimat hat weder Klosterladen noch Cafe - aber ein Zentrum der Stille. "Stille - das ist etwas, was wir alle ganz dringend brauchen", sagt der muntere Rheinländer. "Die Wetten stehen ganz schlecht für mich", lacht Frings. "Ich werde es ausprobieren."