So wählt das Opus Dei seinen Prälaten
Seit Samstag tagt der Wahlkongress des Opus Dei. Die Personalprälatur darf laut ihren Statuten das, was viele Reformer auch für Diözesen fordern: Selbst entscheiden, wer das Leitungsamt übernimmt. Es wird erwartet, dass die Entscheidung am Montag oder Dienstag fällt. Bis dahin leitet der Auxiliarvikar des Opus Dei, Fernando Ocáriz Braña, die Organisation kommissarisch.
Nicht alle der über 90.000 Mitglieder wählen den neuen Prälaten, der die Nachfolge des im Dezember 2016 verstorbenen Javier Echevarría antreten wird. Immerhin aus 156 wahlberechtigten Mitgliedern aus 67 Ländern besteht der Kongress, davon sind 62 Laien – jedoch nur Männer. Ähnlich wie das Kardinalskollegium vom Papst werden sie vom amtierenden Prälaten auf Lebenszeit ernannt, wobei beim Opus Dei noch der Generalrat zustimmen muss, ein Gremium, das den Prälaten bei der Leitung unterstützt. Ein Proporz nach Ländern oder Regionen gibt es nicht, nur die Maßgabe, dass alle Länder, in denen das Opus wirkt, vertreten sein sollen.
Zum Generalrat und zum Wahlkongress sind nur männliche Mitglieder des Werkes wählbar. Das Kirchenrecht würde es zwar auch ermöglichen, dass die Frauen direkt bei der Wahl beteiligt werden; die Statuten stehen dem aber entgegen. Dennoch sind auch die Frauen aus dem Opus Dei beteiligt. Sie haben ein eigenes Gremium analog dem Generalrat, das Zentralassesorat. Die 38 Frauen aus 24 Ländern treten als erste zusammen und legen eine Liste von Priestern vor, die sie für geeignet halten für das Amt des Prälaten. Diese Liste muss der Wahlkongress in Betracht ziehen bei seinen Entscheidungen. Wenn die Empfehlungen des Zentralassesorats deutlich auf ein oder zwei Kandidaten hinauslaufen, "wäre das ein Hinweis, der schwierig zu ignorieren wäre", sagte der Opus-Dei-Pressesprecher Manuel Sanchez gegenüber dem Catholic News Service. 57 Prozent der Mitglieder des Werkes sind Frauen.
Viele Voraussetzungen für das Amt
Knapp über 2.000 Priester gehören zum Opus Dei – die große Auswahl an möglichen Prälaten-Kandidaten wird durch die Wählbarkeitsvoraussetzungen, die das Statut festlegt, allerdings stark eingedampft. Insgesamt 94 Priester erfüllen die formalen Voraussetzungen: Mindestalter 40, Mitglied des Wahlkongresses, 10 Jahre Mitgliedschaft im Opus Dei und fünf Jahre im priesterlichen Dienst. Außerdem, so steht es in den Statuten: "Der Kandidat soll beispielhaft sein in der Nächstenliebe, der Frömmigkeit, der Liebe zur Kirche sowie der Treue zum katholischen Lehramt und zum Opus Dei."
Das sind die Voraussetzungen, die sinngemäß auch ein Bischof erfüllen muss. Als Personalprälatur ähnelt der Aufbau und die Funktion des Werkes stark einem Bistum, allerdings nicht territorial organisiert, sondern ein Zusammenschluss seiner Mitglieder. Die Laien-Mitglieder bleiben dennoch ihrem territorial zuständigen Bistum zugeordnet. Der Prälat leitet das Opus Dei als "ordinarius proprius", als "eigener Oberhirte". Auch wenn der Gewählte kein Bischof sein muss, wurden die bisherigen Prälaten nach ihrer Wahl und ihrer Bestätigung vom Papst zum Bischof geweiht.
Linktipp: Das Opus Dei trauert
Obwohl Johannes Paul II. das Opus Dei als Personalprälatur anerkannte, werfen Kritiker dem Werk sektenhafte Strukturen vor. Jetzt ist der Leiter, Bischof Javier Echevarria gestorben.Die Wahl selbst folgt dem im Kirchenrecht festgelegten kanonischen Verfahren. Zwei Drittel der Stimmen sind nötig, um gewählt zu werden, ab dem vierten Wahlgang genügt eine einfache Mehrheit. Ablehnen kann der Gewählte gemäß Statuten die Wahl nicht, das Amt endet erst mit dem Tod des Gewählten. Daher ist die Zahl der Opus-Dei-Leiter auch überschaubar: Erst der dritte Nachfolger des Gründers, des mittlerweilge heiliggesprochenen Josemaría Escrivá de Balaguer y Albás, wird gewählt. Escrivá hatte das Opus 1928 in Madrid gegründet. 1982 wurde es von Johannes Paul II. als bisher einzige kirchliche Gemeinschaft in den Rang einer Personalprälatur erhoben, seither tragen seine Leiter den Titel "Prälat".
Zwei aussichtsreiche Kandidaten
Der neue Prälat steht noch nicht fest – doch eines ist bereits sicher: Es wird der erste Prälat sein, der kein direkter Mitarbeiter des heiligen Gründers war. Unter den aussichtsreichen Kandidaten auf die Nachfolge Echevarría ist laut Kennern des Opus Dei ein Argentinier: Mariano Fazio, der aktuelle Generalvikar des Werkes. Der heute 57jährige hatte 2007 neben dem damaligen Kardinal Bergoglio als Berater an der lateinamerikanischen Bischofsversammlung von Aparecida teilgenommen und gilt als Vertrauter des Papstes. Bereits sein Vorgänger Echevarría war vor seiner Wahl zum Prälaten Generalsekretär.
Auch der gegenwärtige Interims-Leiter, Auxiliarvikar Fernando Ocáriz Braña, hat Aussichten auf die Leitung. Der in Paris als Kind spanischer Eltern geborene Theologe würde die Tradition fortsetzen, dass das Opus von einem Spanier geleitet wird. Mit 72 Jahren ist er zwölf Jahre jünger als der verstorbene Prälat. Der Theologe ist seit Jahrzehnten Konsultor der Glaubenskongregation und soll die unter dem damaligen Präfekten Joseph Ratzinger entstandene Erklärung Dominus Iesus wesentlich mitgestaltet haben. Als einer von drei Theologen ist er mit den offiziellen Gesprächen zwischen Vatikan und Piusbruderschaft betraut.
Das Opus Dei könnte aber auch von seiner Tradition abweichen, jemanden aus der dem Prälaten direkt nachgeordneten Führungsebene an die Spitze zu wählen. Medienberichten zufolge werden auch andere Priester, die in Österreich, Kanada, den USA und Kenia Führungsaufgaben im Werk wahrnehmen, als Kandidaten gehandelt. Wie beim Konklave und in den Orden üblich, wird die Wahl eines neuen Leiters als geistlicher Prozess verstanden, der weniger von Politik und Proporz als vom Gebet und geistlicher Unterscheidung geprägt sein soll.