Streit um Reform bei Organspende
Dagegen sagte Eurotransplant-Präsident Bruno Meiser im "Spiegel", es spreche "überhaupt nichts" gegen eine Organisation der Spenden durch privatrechtliche Einrichtungen: "Nicht das System hat versagt, einige wenige Ärzte haben das System ausgenutzt." Nach Bekanntwerden der Transplantationsskandale in deutschen Kliniken war in der Bevölkerung die Bereitschaft zur Organspende geschrumpft . Nach Angaben der Deutschen Stiftung Organspende sank die Anzahl der Spender seither um fast 20 Prozent.
Als Folge des Skandals wurde gesetzlich verankert, dass eine Manipulation an Wartelisten als Straftat gilt. Zudem müssen die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Organvergabe nun vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigt werden. Das Ministerium wirbt derzeit mit einer 180.000 Euro teuren Kampagne, um die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung wieder zu erhöhen. Es sieht keinen Bedarf für weitere Änderungen am Organspende-System. Auch die Christlichen Krankenhäuser in Deutschland (CKiD) sensibilisieren derzeit zusammen mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit 100.000 Flyern für das Thema Spendenbereitschaft.
Arzt wegen 14 Tötungsdelikten vor Gericht
Am Montag begann der Prozess gegen einen Chirurgen, der in den Transplantationszentren Göttingen und Regensburg tätig war. Dem 46-Jährigen wird versuchter Totschlag in elf Fällen und Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen zur Last gelegt. Eurotransplant-Präsident Meiser sprach von einem Musterprozess. Bei Nachweis strafrechtlichen Fehlverhaltens müsse es für den Mediziner "standesrechtliche Konsequenzen bis hin zum Entzug der Approbation" geben: "Dieses Signal wäre wichtig, auch für die Mitarbeiter in den Kliniken."
Patientenschützer forderten vor Prozessbeginn professionellere Verfahren bei der Vergabe von Organen. Der Prozess werde die Untauglichkeit der Prüfungs- und Überwachungskommission zeigen, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" am Wochenende. Überwiegend nebenamtlich besetzt, seien diese Kommissionen schlicht überfordert. "Wir müssen die Überwachung in staatliche Hände legen", verlangte Brysch. "Die Öffentlichkeit braucht wieder Vertrauen in ein hochsensibles System, das Menschenleben retten soll."
Kirchen grundsätzlich für Organspende - aber gegen Zwang
Die Kirchen sprechen sich grundsätzlich für die Organspende aus: 1990 haben die Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland eine gemeinsame Erklärung zur Organtransplantation herausgegeben. "Aus christlicher Sicht ist die Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod ein Zeichen der Nächstenliebe und Solidarisierung mit Kranken und Behinderten", heißt es darin. Die Deutsche Bischofskonferenz begrüßte die Reform des Transplantationsgesetzes von 2012, nach der nun alle Bürger über 16 Jahre regelmäßig über ihre Organspenderbereitschaft befragt werden.
Es gibt aber auch prominente christliche Nichtspender wie die mitteldeutsche evangelische Landesbischöfin Ilse Junkermann, die es ablehnt, dass Knochen von Spendern auch gemahlen und zu Arzneimitteln verarbeitet würden. "Es gibt keine christliche Verpflichtung zur Organspende", sagte der Präses der EKD, Nikolaus Schneider, Ende 2012.
Ähnlich argumentiert der Vatikan: Papst Johannes Paul II. (1978-2005) schrieb 2005 an Wissenschaftler, dass die Kirche zu Organspenden ermutige, mahnte aber gleichzeitig, dass auch die Menschenwürde des potenziellen Spenders geschützt werden müsse. Sein Nachfolger Benedikt XVI. (2005-2013) sagte 2008 vor der Päpstlichen Akademie: "Der Akt der Liebe, der durch das Spenden der eigenen lebenswichtigen Organe ausgedrückt wird, bleibt ein Zeugnis der Nächstenliebe." Er forderte, dass "Vorurteile und Missverständnisse" rund um die Organspende ausgeräumt werden müssten. (luk/KNA/dpa)