Katholische Kirche sieht Verfassungsbeschwerde von Verdi gelassen

Streit ums Streikrecht geht weiter

Veröffentlicht am 15.04.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Arbeitsrecht

Bonn ‐ In der Debatte um das Streikrecht bei Kirchen geben sich die katholischen Bischöfe gelassen. "Die Deutsche Bischofskonferenz ist zuversichtlich, dass nach dem Bundesarbeitsgericht auch das Bundesverfassungsgericht das System der partnerschaftlichen Tariffindung in paritätisch zusammengesetzten Kommissionen stärken wird", sagte Bischofskonferenz-Sprecher Matthias Kopp am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur.

  • Teilen:

Kopp reagierte damit auf einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" von Montag, wonach die Gewerkschaft Verdi das Streikrecht in kirchlichen Betrieben mit Hilfe des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen will und dazu Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einreichte. Damit wolle Verdi ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom November aushebeln. Karlsruhe konnte den Eingang auf Anfrage am Montag noch nicht bestätigen.

Die evangelische Diakonie hat mit Unverständnis auf die angekündigte Verfassungsbeschwerde reagiert. "Wir sind sehr verwundert darüber, dass Verdi den Weg zum Bundesverfassungsgericht einschlägt", erklärte Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier am Montag. Schließlich habe die Gewerkschaft "doch öffentlich bekundet, den Prozess im November vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt gewonnen zu haben".

Nach Ansicht Stockmeiers hat das Bundesarbeitsgericht mit seinem Urteil das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und ihren Dritten Weg bestätigt. Allerdings müssten die Gewerkschaften in das kirchliche Arbeitsrecht eingebunden werden. "Die Diakonie unternimmt derzeit alle Anstrengungen, um diese ausgewogene Kompromisslinie umzusetzen. Das erwartet sie auch von Verdi", erklärte der Diakonie-Präsident.

Player wird geladen ...
Video: ©

Verdi-Chef Frank Bsirske wirft den Richtern des Bundesarbeitsgerichts vor, die Rechte der Kirchen unzulässig ausgeweitet zu haben. Das BAG hatte das Streikrecht der Gewerkschaften bei Kirchen und deren Einrichtungen wie Krankenhäusern, Altenheimen und Kindergärten eingeschränkt. Zwar gebe es ein Grundrecht auf Streik - aber auch das Recht der Kirchen, Angelegenheiten selbstständig zu regeln. Die Richter wollten einen Ausgleich finden und legten Bedingungen fest.

Grundsätzlich hatten die Arbeitsrichter in Erfurt zwar das Streikverbot gelockert. Ausgeschlossen bleiben Arbeitskämpfe aber, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber eine Einigung unter sich finden. Bei diesem "Dritten Weg" müssen Gewerkschaften eingebunden werden.

Die Kirchen mit ihren Wohlfahrtsverbänden sind in Deutschland mit rund 1,3 Millionen Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber nach dem Staat. Laut Grundgesetz haben sie das Recht, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln und in ihrem Bereich auch ein eigenes Arbeitsrecht zu verfolgen.

An diesen Regelungen hatte es zuletzt immer wieder Kritik unter anderem vonseiten der Gewerkschaften gegeben. Bischofskonferenz-Sprecher Kopp sagte, der Dritte Weg stoße im katholischen Bereich sowohl auf Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberseite auf große Akzeptanz. "Er hat sich bewährt und wird auch in Zukunft fortgesetzt." (meu/dpa/KNA)

Wohin führt der Dritte Weg?

Wenn Kirchenvertreter und Gewerkschafter über das kirchliche Arbeitsrecht sprechen, ist nicht zwingend Streit, wohl aber eine kontroverse Diskussion angesagt. So geschehen vor einiger Zeit in der katholischen Akademie "Die Wolfsburg" des Bistums Essen. Zahlreiche Besucher wollte die Frage beantwortet wissen, ob der sogenannte "Dritte Weg" ein "Arbeitsrecht zweiter Klasse" ist.