Das Priesterseminar in Münster bietet WG-Plätze für Nicht-Theologen

Student, katholisch, sucht…

Veröffentlicht am 08.08.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Priesterseminar

Münster ‐ Der allgemeine Wohnungsmangel gepaart mit hohen Mietpreisen beschert Studenten in diesen Wochen wieder Kopfschmerzen. Bis zum Start des Wintersemesters im Oktober müssen Zehntausende eine neue Bleibe gefunden haben. In Münster könnten Studenten hingegen Glück haben und ein Zimmer in Top-Lage ergattern: Das Priesterseminar Borromaeum im Stadtzentrum bietet neuerdings acht WG-Plätze – allerdings nur für katholische Männer.

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Am Donnerstagnachmittag verbreitete die Pressestelle des Bistums Münster das ungewöhnliche Mietangebot. "Und heute Vormittag hat sich bereits der erste Bewerber vorgestellt", sagte Bistumssprecher Stephan Kronenburg katholisch.de. Das Angebot klingt auch verlockend: möblierte Einzelzimmer mit eigenem Bad, Telefon- und Internetanschluss inklusive sowie Gemeinschaftsräume. Für insgesamt 300 Euro Miete gibt es laut Kronenburg "fast Vollpension": Mittag- und Abendessen im Priesterseminar; nur das Frühstück müssen die einzelnen WGs selbst organisieren.

WG-Aufgaben, Gottesdienste und Glaubensgespräche

Das Borromaeum erwartet aber auch einiges von den Bewerbern: die Bereitschaft, sich aktiv in das WG-Leben einzubringen und Aufgaben in der Hausgemeinschaft zu übernehmen. Das Angebot richtet sich laut Homepage an Studenten, "die bereit sind, den Auftrag des Priesterseminars positiv mitzutragen, die das Zusammenleben mit anderen als Gewinn ansehen und ein Interesse daran haben, ihren Glaubensweg mit anderen gemeinsam zu gehen". Zudem heißt es im Info-Blatt, dass die Mitbewohner "ohne Verpflichtung" zu den Gottesdiensten und gegebenenfalls zu weiteren Veranstaltungen des Priesterseminars eingeladen seien.

Bild: ©Bistum Münster

Das Bischöfliche Priesterseminar Borromaeum in Münster öffnet sich für Nicht-Theologen.

Man würde also sicher gerne "gut katholische" Bewerber sehen. Dezidiert möchte sich das Seminar aber auch an Nicht-Theologen wenden, "um durch die Vielfalt von Studienfächern und Lebensentwürfen den Austausch und das Miteinander zu bereichern", steht im Info-Blatt. Denn es wird nicht eine getrennte Wohngemeinschaft der Gäste geben, sondern ein Zusammenleben mit den Priesteramtskandidaten. Im Borromaeum gibt es vier WGs mit je sieben oder acht Bewohnern. "Davon sollen künftig jeweils zwei Nicht-Priesteramtskandidaten sein", erklärt Kronenburg. Zu den Gemeinschaftseinrichtungen gehören neben Musikraum, Tischtennisraum und Bar auch Kapellen und Gebetsräume.

Der Grund für die Aufnahme von Studenten ins Seminar ist ein simpler: Warum sollten Zimmer mitten im Zentrum leer stehen? Die Zahl der Priesteramtskandidaten gehen seit Jahren deutschlandweit zurück. "Mit der neuen Lösung bleiben die Räume nicht ungenutzt", sagt Kronenburg. Eine theologische Begründung nennt er auch: "Bei dem Zusammenleben wird man von den unterschiedlichen Charismen der einzelnen Bewohner profitieren können."

"Kein dauerhaftes Übernachten von Frauen"

Keineswegs gehe es darum, mit den Mieteinnahmen Geld zu erwirtschaften, beteuert Kronenburg. Der gegenüber privaten Wohnungsangeboten geringe Preis decke nur die Kosten. Ob bei der Auswahl Studenten aus einkommensschwachen Familien bevorzugt werden sollen, weiß er nicht. Im Bewerbungsbogen wird jedoch abgefragt, ob die Eltern noch leben, welche Berufe sie haben und wie der junge Mann sein Studium finanziert. Ausgesucht werden die WG-Bewohner dann von der Hausleitung unter Beteiligung der Priesteramtskandidaten.

Bliebe noch eine wichtige Frage für Interessierte: Mitleben, Gottesdienste besuchen, über religiöse Vorstellungen reden, ja – aber wie die Priesteramtskandidaten auch zölibatär leben? Nein, Single müsse man nicht sein, erklärt der Pressesprecher, aber Übernachtungen von Freundinnen sollten auch nicht zur Regel werden: "Frauenbesuch ist nach Anmeldung möglich, aber kein dauerhaftes Übernachten", liest Kronenburg aus der "offiziellen Sprachregelung" vor. Zu dem Thema werde man aber sicher noch Erfahrungen sammeln, wenn die ersten Nicht-Theologen im Borromaeum einziehen. Bislang ist das WG-Projekt auf vier Semester angesetzt.

Von Agathe Lukassek