Trauer um Altbundespräsident Roman Herzog
Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog ist tot. Das frühere Staatsoberhaupt starb im Alter von 82 Jahren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte Herzog als "Patrioten", der Deutschland in vielfacher Weise gedient habe. In klarer Sprache habe er immer wieder seine Überzeugung ausgedrückt, dass das Land sich stetig weiter entwickeln und erneuern müsse.
Bundespräsident Joachim Gauck sagte, die Nachricht vom Tod seines Vorgängers erfülle ihn mit tiefer Trauer. "Mit Sachverstand, Klugheit und großer Lebenserfahrung trat er für unser Land und seine freiheitliche Verfassung ein."
Vorwärtsstrebender Mut, charmante Skepsis
Als Minister, als Präsident des Bundesverfassungsgerichts und als Bundespräsident seien ihm die Bürger- und Freiheitsrechte niemals nur abstrakte Begriffe gewesen, so Gauck. "Sein vorwärtsstrebender Mut verband sich mit einer charmanten Skepsis."
Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, würdigte Herzog als herausragende politische Persönlichkeit und engagierten Christ. "In prägenden Reden hat er die grundlegenden Probleme der Gesellschaft benannt und ist dafür eingetreten, dass Deutschland auch international Verantwortung übernimmt", so der Kardinal. Herzog sei ein Mann gewesen, der für seine Überzeugungen eingestanden sei.
Vor seiner Amtszeit als Staatsoberhaupt war der Jurist Herzog zunächst Kultus- und Innenminister in Baden-Württemberg. 1983 wechselte er ans Bundesverfassungsgericht, dem er von 1987 bis 1994 als Präsident vorstand. Bundespräsident war er von 1994 bis 1999. Auf die Kandidatur für eine zweite Amtszeit hatte Herzog frühzeitig verzichtet. In den Jahren 1999 und 2000 stand Herzog auch dem Europäischen Konvent vor, der die Grundrechtecharta der Europäischen Union (EU) verfasste.
Herzog wurde in Landshut geboren und machte zunächst eine juristische Karriere an Universität München. 1959 heiratete er Christiane Krauß und hatte mit ihr zwei Söhne. Nach deren Tod heiratete Herzog 2001 Alexandra Freifrau von Berlichingen und lebte seitdem auf deren Burg in Schöntal im Hohenlohekreis nördlich von Stuttgart.
Neben seinen vielseitigen politischen Aktivitäten engagierte sich der Protestant auch für seinen christlichen Glauben und seine Kirche. Zwischen 1973 und 1991 gehörte Herzog der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an, von 1978 bis 1983 stand er dem Evangelischen Arbeitskreis von CDU und CSU vor. Von 1981 bis 1994 hatte er zudem die Mitherausgeberschaft der Bonner Wochenzeitung "Rheinischer Merkur" übernommen.
Auch nach seiner Zeit als Bundespräsident setzte Herzog seinen Einsatz für christliche Fragen fort. So übernahm er zwischen 1996 und 2006 die Rolle des Kuratoriumsvorsitzenden der Hermann-Kunst-Stiftung zur Förderung der neutestamentlichen Textforschung. Die Stiftung unterstützt das Münsteraner Institut für Bibelforschung und genießt unter Theologen weltweit höchstes Ansehen.
Unvergessene "Ruck-Rede"
Mit Herzogs Amtszeit als Präsident verbunden bleibt der Begriff der "Ruck-Rede". 1997 hatte er gesagt "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen. Alle sind angesprochen, alle müssen Opfer bringen, alle müssen mitmachen." Dazu sagte Kardinal Marx, Herzogs Erwartungen an die Gesellschaft von damals seien heute aktueller denn je - "vor allem wenn er davon spricht, dass eine von Ängsten erfüllte Gesellschaft unfähig zu Reformen und damit zur Gestaltung der Zukunft werde." (gho/KNA)
10.01.2017, 13.30 Uhr: ergänzt um Statement von Kardinal Marx
10.01.2017, 16.30 Uhr: ergänzt um Statement Angela Merkel