Über Grenzen hinweg beten
"In der Bergpredigt bezeichnet Jesus die Jünger als das Salz der Erde und das Licht der Welt", erklärt Pastor Bernd Densky, freikirchlicher Referent der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK), die die Woche in Deutschland organisiert. Und dieser Satz sei inhaltlich ganz nahe am diesjährigen Motto, einem Vers aus dem ersten Petrusbrief: "Berufen, die großen Taten des Herrn zu verkünden" (1 Petr 2,9) heißt es da. "Es ist die Aufgabe der getauften Christen, anderen von ihrem Glauben zu berichten", erläutert Densky. "Und das Salz steht als Zeichen für diese Berufung".
Von Evangelischer Kirche bis zur Heilsarmee
Die Idee mit den Päckchen kommt jedenfalls gut an: "Unsere Sekretärinnen kommen kaum nach, die angefragten Päckchen zu verschicken", sagt Densky schmunzelnd. Die erste Auflage ist schon vergriffen, nun werden die 60.000 Pakete der zweiten Auflage verschickt.
Doch auch jenseits dessen bietet die ACK, unter deren Dach sich mehr als ein Dutzend christliche Konfessionen zusammenfinden, umfangreiche Materialien für Gemeinden, die sich an der weltweit begangenen Woche beteiligen wollen. Die kostenfreien Dokumente können auf der Homepage www.gebetswoche.de heruntergeladen werden. Herzstück ist ein siebenseitiges Konzept für die Feier eines ökumenischen Gottesdienstes. Hinzu kommen biblische Meditationen und Gebete sowie weitere tägliche Andachten, die die geistlichen Traditionen der verschiedenen Mitgliedskirchen vorstellen – von evangelischer, orthodoxer oder katholischer Kirche bin hin zum Bund Freier Evangelischer Gemeinden oder der Heilsarmee.
Im Internet werden außerdem die drei Spendenprojekte vorgestellt, die der Gebetswoche zugeordnet sind: Eines unterstützt verfolgte Familien im Irak, ein zweites kommt von Dürre betroffenen Kleinbauern in Guatemala zugute und ein drittes setzt sich ein für Arbeiterinnen in der Bekleidungsindustrie in Bangladesch. Erstmals gibt es auch eine App für Smartphones, unter der ebenfalls alle Informationen abrufbar sind.
Konzept aus Lettland
Das Konzept für die Materialien der weltweiten Gebetswoche entwirft jedes Jahr eine ökumenische Gruppe aus einem anderen Staat. Dieses Mal kommen sie aus Lettland. Wie Bernd Densky erklärt, haben Christentum und Ökumene dort eine besondere Geschichte. Denn sowohl zu Zeiten des Nationalsozialismus als auch später unter dem kommunistischen Regime seien die Gläubigen Verfolgungen ausgesetzt gewesen. "Im gemeinsamen Leiden werden konfessionelle Grenzen plötzlich nebensächlich", weiß Densky, der die Materialien für den deutschen Sprachraum aufbereitet hat.
"Es ist beeindruckend, wie die Christen trotz der Unterdrückung des Evangeliums durch die staatlichen Institutionen die tröstende und stärkende Kraft des Gebets erfahren haben". Und noch etwas mache in Lettland das Verhältnis der Konfessionen untereinander besonders. Sie seien alle etwa gleich stark, Katholiken, Protestanten und Orthodoxe machten jeweils rund ein Drittel der Christen aus. "Das ist wirklich Ökumene auf Augenhöhe", so Densky.
Höhepunkt der Woche ist jeweils der zentrale Gottesdienst, der für Deutschland 2016 in Bonn stattfindet. Es wird am kommenden Sonntag (24. Januar) um 14 Uhr in der Schlosskirche gefeiert. Die Predigt hält der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann, der auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen ist.
Auf übergeordneter Ebene verantworten der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen und der Ökumenische Rat der Kirchen die Gebetswoche. So ist es auch kein Wunder, dass sich eines der beiden Gebetsanliegen des Papstes im Januar auf die Ökumene bezieht. "Mögen die Christen mit der Gabe des Heiligen Geistes ihre Trennung überwinden", so lautet sein Appell. Vielleicht tragen ja auch die Salzpäckchen in den Gottesdiensten dazu dabei, das Bemühen jedes einzelnen um die volle sichtbare Einheit der Kirche zu verstärken.