Und immer Fatima
Der Patriarch von Lissabon, Kardinal Jose da Cruz Policarpo, teilte den portugiesischen Bischöfen mit, Franziskus wolle sein Pontifikat der Jungfrau von Fatima geweiht wissen. Policarpo nimmt die Weihe auf Bitten des Papstes heute vor. Am 13. Mai jährt sich zum 96. Mal die dortige Marienerscheinung.
Die Anhänglichkeit der nachkonziliaren Päpste an den portugiesischen Wallfahrtsort ist auffällig. Dort, im Cova da Iria (Tal des Friedens), erlebten am 13. Mai 1917 drei Hirtenkinder die erste von mehreren Erscheinungen. Die Gottesmutter enthüllte ihnen nach eigener Aussage binnen mehrerer Monate drei "Geheimnisse" - deren drittes, bestgehütetes erst im Jahr 2000 veröffentlicht wurde. Die Weissagungen machten Fatima zu einer der wichtigsten Wallfahrtsstätten weltweit.
Die Liste der Partnerstädte liest sich wie ein Who is who der europäischen Marienorte: Altötting in Deutschland, Loreto in Italien, Lourdes in Südfrankreich, Mariazell in Österreich und Tschenstochau in Polen. Drei Millionen Menschen pilgern jedes Jahr in die 130 Kilometer von Lissabon entfernte Stadt.
Mystisch aufgeladene Geschichte
Auch Papst Benedikt XVI. (2005-2013) kam 2010 mit seinem Besuch in Fatima einem lange gehegten persönlichen Wunsch nach. 2007, bei den 90-Jahr-Feiern der Erscheinungen, war Benedikt XVI. verhindert gewesen, weil er zeitgleich im brasilianischen Aparecida die Vollversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe eröffnete.
Damals schickte er den früheren Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano als seinen Stellvertreter nach Fatima. Damit schloss Benedikt XVI. einen Kreis, der perfekt in die mystisch aufgeladene Geschichte um Fatima und seinen verehrten Vorgänger Johannes Paul II. (1978-2005) passte.
Denn es war der damalige Kardinalstaatssekretär Sodano, der am 13. Mai 2000 bei der Seligsprechung von zwei der drei Seherkinder ankündigte, dass der Vatikan auf Wunsch des Papstes bald das "dritte Geheimnis" veröffentlichen werde.
Allerdings brauche es dafür noch eine sorgfältige begleitende Erläuterung, hieß es damals. Und der Verfasser dieses theologischen Kommentars war: Joseph Ratzinger, Präfekt der Glaubenskongregation, später Papst und Amtsvorgänger von Franziskus.
Die damals wichtigsten drei Männer des Vatikan lüfteten also am 26. Juni 2000 den Schleier jenes Geheimnisses, das durch seine Nichtveröffentlichung über mehrere Jahrzehnte zu einer Art endzeitlichem Damoklesschwert geworden war.
Manch einer erwartete nicht weniger als eine Ankündigung der Apokalypse. Schließlich wurden bereits die ersten beiden Offenbarungen als Voraussagen des Zweiten Weltkriegs und des Aufstrebens des Kommunismus gedeutet.
Rettung durch den Beistand der Muttergottes
Tatsächlich musste vor allem der polnische Papst Johannes Paul II. das 1944 niedergeschriebene Dokument als sein Menetekel auffassen. Denn es berichtet nicht nur in düsteren Bildern über die Verfolgung der Kirche im 20. Jahrhundert. Der Text enthält auch die Vision eines in Weiß gekleideten Bischofs, der von Schüssen getroffen zusammenbricht.
Dass dann das Attentat auf Johannes Paul II. auf dem Petersplatz ausgerechnet am 13. Mai 1981 - dem Jahrestag der ersten Erscheinung von Fatima - erfolgte, war nach Ansicht des Papstes kein Zufall.
Bis zuletzt war Johannes Paul II. fest davon überzeugt, seine Rettung dem Beistand der Muttergottes zu verdanken. Eine Kugel aus der Waffe des Attentäters Ali Agca ließ er fortan in der Marienkrone des Heiligtums aufheben.
Die letzte Seherin von Fatima, die Ordensschwester Maria Lucia dos Santos, starb 2005 im Alter von fast 98 Jahren, nur sieben Wochen vor Johannes Paul II. Sein Nachfolger Benedikt XVI. setzte für sie die vom Kirchenrecht vorgesehene Fünf-Jahres-Frist zur Einleitung eines Seligsprechungsverfahrens außer Kraft, am 13. Februar 2008, ihrem dritten Todestag.
Die Randnotiz von der Weihe seines Pontifikates an Maria ist nicht nur ein kleiner Aufmerker für jene, die in dem neuen Papst Franziskus vor allem einen "Progressiven" sehen wollen. Es bringt ihn in der Wahrnehmung womöglich noch ein Stück weiter an den reformorientierten Konzilspapst Johannes XXIII. (1958-1963) heran. Auch der "papa buono" und Bauernsohn Angelo Giuseppe Roncalli war im Herzen ein Konservativer - von ausgesprochener Marienfrömmigkeit.
Von Alexander Brüggemann (KNA)