"Unglückliche Wortwahl"
Meisner hatte am Freitag bei einer Veranstaltung des "Neokatechumenalen Weges" den Satz formuliert: "Ich sage immer, eine Familie von euch ersetzt mir drei muslimische Familien." Der "Neokatechumenale Weg" ist eine konservative katholische Bewegung, deren Mitglieder für ihren Kinderreichtum bekannt ist.
Familie als Kirche im Kleinen
Laut Meisners Erklärung vom Mittwoch war seine Äußerung als "Wertschätzung für die Familien des Neokatechumenalen Wegs und ihr beispielhaftes apostolisches Wirken" gemeint. Dort erlebe er eine außergewöhnliche Glaubenskraft. Die Familie sei als Kirche im Kleinen für die Weitergabe des christlichen Glaubens unersetzlich, so Meisner.
Der Satz des scheidenden Kölner Erzbischofs war bereits von verschiedenen Seiten kritisiert worden. Gegenüber dem "Kölner Stadt-Anzeiger" erklärte der Sprecher der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), Bekir Alboga, am Mittwoch: "Man stelle sich vor, ein muslimischer Würdenträger in vergleichbarer Position würde diesen Satz formulieren - ein Empörungsschrei ginge durch die Gesellschaft." Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte der Zeitung, Meisner bediene Ressentiments und islamfeindliche Stimmungen, "die wir so von der katholischen Kirche und besonders vom neuen Papst nicht kennen".
Beck: Meisner gefährdet Religionsfrieden
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Aydan Özoguz (SPD), sprach laut Kölner "Stadt-Anzeiger" von der "persönlichen Meinung eines katholischen Würdenträgers", die sie nicht kommentiere, "auch wenn ich sie nicht verstehe". Weniger zurückhaltend reagierte der religionspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck. Er warf dem Kardinal vor, den öffentlichen Frieden zu gefährden.
Seine Parteikollegin, die stellvertretende nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann, erklärte, eine abgestufte Wertigkeit von Familien je nach Herkunft sei nicht verfassungsgemäß und "alles andere als christlich".
Rücktritt aus Altersgründen Ende Februar
Joachim Meisner ist seit 1989 Kölner Erzbischof. Regelmäßig mischt er sich in pointierter Wortwahl in Diskussionen etwa um Lebensschutz, Zölibat und aktive Sterbehilfe ein.
Im Dezember hatte der 80-Jährige Kardinal verkündet, er gehe davon aus, dass der Papst spätestens Ende Februar sein Rücktrittsgesuch aus Altergründen annehme. Inzwischen ist der 28. Februar als Datum bekannt. Am ersten Fastensonntag, also am 9. März, steht eine offizielle Abschiedsfeier auf dem Programm. (gho/KNA/dpa)