Medien-Präfekt Dario Vigano reicht vollständige Kopie nach

Vatikan gab Brief von Benedikt XVI. verkürzt wieder

Veröffentlicht am 17.03.2018 um 19:15 Uhr – Lesedauer: 
Benedikt XVI. im Profil
Bild: © KNA
Vatikan

Vatikanstadt ‐ Das Mediensekretariat hat eingeräumt, einen lobenden Brief Benedikts XVI. über eine Publikation zur Theologie von Franziskus nicht vollständig veröffentlicht zu haben. In der nachgereichten vollständigen Version übt Benedikt durchaus Kritik.

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Das vatikanische Mediensekretariat hat eingeräumt, einen lobenden Brief Benedikts XVI. über eine mehrbändige Publikation zur Theologie von Franziskus verkürzt wiedergegeben zu haben. Nach Vermutungen mehrerer Journalisten, der Vatikan habe einen wesentlichen Absatz unterschlagen, veröffentlichte Medien-Präfekt Dario Vigano am Samstag schließlich eine vollständige Kopie des Schreibens, in dem Benedikt XVI. in der Tat Kritik an der Autorenauswahl übt. Schon zuvor hatte Vigano mit der Verbreitung eines manipulierten Fotos des betreffenden Briefs Fragen aufgeworfen.

Benedikt übt inhaltliche Kritik

Mit dem Schreiben lehnt Benedikt XVI. eine von ihm erbetene theologische Einleitung zu der Buchreihe ab. Bislang zitierte Vigano dazu einen Absatz, in dem der fast 91-jährige emeritierte Papst geltend macht, er habe die elf kurzen Bände nicht gelesen und könne dies "auch aus physischen Gründen" in nächster Zeit nicht tun. Nach der jetzt vollständig bekannten Fassung äußert Benedikt XVI. aber auch "Überraschung" über die Beteiligung des früheren Tübinger Dogmatikers Peter Hünermann an der Publikation.

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Peter Hünermann, katholischer Theologe, war von 1982 bis zu seiner Emeritierung 1997 Professor für Dogmatik an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Von 1971 bis 1982 lehrte er an der Westfälischen-Wilhelms-Universität in Münster.

Während seines Pontifikats sei Hünermann durch "antipäpstliche Initiativen" aufgefallen, schreibt Benedikt XVI. Weiter erinnert der emeritierte Papst an die maßgebliche Beteiligung Hünermanns an der "Kölner Erklärung", die auf heftige Weise die Lehrautorität des Papstes besonders in Moralfragen angegriffen habe. Ferner habe Hünermann die "Europäische Theologengesellschaft" anfänglich als papstkritische Organisation gegründet; erst das kirchliche Empfinden vieler beteiligter Theologen habe den Charakter der Vereinigung verändert.

Das Päpstliche Mediensekretariat erklärte am Samstag, von dem Brief habe man nur so viel bekanntgemacht, wie man für "angemessen" gehalten habe. Der an den Präfekten Vigano adressierte Brief sei auch "vertraulich". Ausgelassen habe man "einige Anmerkungen zu Autoren der Reihe".

Bei der Präsentation der elfteiligen Buchreihe am vergangenen Montag hatte Vigano einen Auszug des Schreibens schriftlich verbreitet. Darin rühmt der emeritierte Papst seinen Nachfolger Franziskus als "Mann von tiefer philosophischer und theologischer Bildung" und betont die "innere Kontinuität zwischen den beiden Pontifikaten". Lediglich mündlich trug Vigano einen zweiten Absatz vor, in dem Benedikt XVI. seine Absage einer theologischen Einleitung damit begründet, er wolle sich nicht zu Büchern äußern, die er nicht gelesen habe, und könne dies "auch aus physischen Gründen" in nächster Zeit nicht tun.

"Unanfechtbare" Quelle

Unter anderem der Vatikan-Journalist Sandro Magister hatte in einem Blog die Vermutung geäußert, es gebe einen dritten Absatz, in dessen Licht der Brief einen anderen Sinn erhalte. Magister berief sich auf eine "unanfechtbare" Quelle. Neben Hünermann ist als zweiter deutscher Autor auch der Münsteraner Fundamentaltheologe Jürgen Werbick beteiligt. Er gehört ebenfalls zu den Unterzeichnern der "Kölner Erklärung". (KNA)