Was das "Redeverbot" zur Frauenweihe bedeuten könnte
Die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" präsentiert auf Seite 6 der Mittwochsausgabe eine kleine Überraschung: "Der definitive Charakter der Lehre von 'Ordinatio sacerdotalis'. Von Erzbischof Luis Ladaria, Präfekt der Glaubenskongregation." Ein blatthoher Vierspalter mit dem Fazit: Das Nein der katholischen Kirche zur Priesterweihe von Frauen ist unumkehrbar und gehört zur unfehlbaren Lehre der Kirche. - Nanu, warum das jetzt? Ist es doch ganze 24 Jahre her, dass Johannes Paul II. in seinem Schreiben "Ordinatio sacerdotalis" erklärte, die Kirche habe keine Vollmacht, Frauen die Priesterweihe zu erteilen.
Auch hatte die Glaubenskongregation schon im Oktober 1995 auf die Frage, ob dieses Nein zum Glaubensgut der Kirche gehöre, mit Ja geantwortet. Veröffentlicht wurde die Antwort des damaligen Präfekten Kardinal Joseph Ratzinger zunächst ebenfalls im "Osservatore Romano". Darin heißt es: "Diese Lehre fordert eine endgültige Zustimmung, weil sie, auf dem geschriebenen Wort Gottes gegründet und in der Überlieferung der Kirche von Anfang an beständig bewahrt und angewandt, vom ordentlichen und universalen Lehramt unfehlbar vorgetragen worden ist."
Warum jetzt erneut eine Bekräftigung?
Warum jetzt erneut eine Bekräftigung? Ganz einfach: Weil die Diskussion um eine Priesterweihe von Frauen nicht verstummt. In der Glaubenskongregation verfolgt man das mit Sorge. Doch anstatt einzelne Autoren öffentlich zu rügen - und sie so noch populärer zu machen -, sammelt die Behörde Äußerungen, schreibt den einen oder anderen diskret an oder veröffentlicht allgemein adressierte Erklärungen. Man sehe "noch in einigen Ländern Stimmen sich erheben, welche die Endgültigkeit dieser Lehre in Zweifel ziehen", schreibt Ladaria jetzt.
Welche Stimmen konkret gemeint sind, sagt er nicht. Zu nennen gäbe es allein aus dem deutschsprachigen Raum - er ist aber nicht der einzige - etliche. Etwa das Buch "Der Weiberaufstand" sowie Interviewäußerungen der Journalistin Christiane Florin. Die internationale Frauenkonferenz "Voices of Faith" am 8. März in Rom. Den Vorschlag des Münsteraner Dogmatikers Michael Seewald in der Zeitschrift "Herder Korrespondenz" vom Juni 2017, die Kirche sollte nicht am Zölibat rütteln, sondern eher zölibatäre Frauen weihen.
In der Mai-Ausgabe der "Stimmen der Zeit" riet der Münchner Jesuit Stefan Kiechle, die Kirche solle Frauen zur Weihe zulassen, um einer "eucharistischen Austrocknung der Kirche" wegen Priestermangels zu begegnen. Dies sei ein "größerer und schwerer zu verantwortender Schaden" als "das Schisma einiger Gralshüter eines sehr alten Kirchenbildes". Auch bezweifelt Kiechle, dass sich das seit Johannes Paul II. verhängte "Nachdenk- und Redeverbot" ernsthaft durchsetzen lässt.
Die jüngste Einlassung Ladarias bedeutet wohl, dass der Vatikan dazu entschlossen ist. Ausdrücklich kritisiert der Glaubenspräfekt die Meinung, das Nein zur Priesterweihe von Frauen könnte durch einen künftigen Papst oder ein Konzil geändert werden. Solche Zweifel schädigten nicht nur die Lehre vom Weiheamt, sondern auch das Verständnis des Lehramts selbst. So nutzt Ladaria den Beitrag auch, um noch einmal zu erklären, was unfehlbare Lehräußerungen der Kirche seien.
Das Wort "Diakonat" oder "Diakonenweihe"kommt nicht vor
"Unfehlbarkeit betrifft nicht nur feierliche Ankündigungen eines Konzils oder Papstes, wenn dieser 'ex cathedra' spricht, sondern auch das normale und universale Lehramt der Bischöfe weltweit, wenn sie etwas in Gemeinschaft untereinander und mit dem Papst, als katholische Lehre definitiv festzuhalten vorlegen", schreibt Ladaria. Auf diese Unfehlbarkeit habe sich Johannes Paul II. bezogen.
Allerdings fällt auf: Das Wort "Diakonat" oder "Diakonenweihe" kommt in Ladarias Beitrag nicht vor. Ebensowenig in "Ordinatio sacerdotalis". Einige spekulieren daher schon, mit dem bekräftigten Nein zur Priesterweihe von Frauen könne ein Ja zur Weihe von Diakoninnen vorbereitet werden. Doch das ist vorerst Spekulation. Die von Franziskus eingesetzte Kommission zur Erforschung von Diakoninnen in der frühen Kirche arbeitet noch. Und ob ihre Erkenntnisse tatsächlich den Weg für Diakoninnen im 21. Jahrhundert ebnen, ist eine andere Frage.