Wegen Finanzkrise: Erzbistum Hamburg plant Reformen
Auch mit weniger Geld kann es im Erzbistum Hamburg weiter eine lebendige Kirche geben. Davon zeigt sich Erzbischof Stefan Heße in einem Hirtenwort überzeugt, das an diesem Wochenende in den Gottesdiensten der Erzdiözese verlesen wird. "Die wirtschaftliche Lage unseres Erzbistums ist sehr schwierig", heißt es darin. Um größere Schäden zu vermeiden, müssten weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Die bereits angekündigte Schließung einiger Schulen etwa verletze und empöre viele Menschen, schreibt Heße: "Die Entscheidungen schmerzen – auch mich".
Heße: "Menschen träumen vom Aufbruch"
Dass das Erzbistum in finanziellen Schwierigkeiten steckt, hatte sich Ende vergangenen Jahres angedeutet, als die Unternehmensberatung Ernst & Young massive Reformen anmahnte. Die Erzdiözese habe lange über ihre Verhältnisse gelebt, so die Finanzexperten. Sie hatten unter anderem vorgeschlagen, in den Pfarreien weitere Gebäude aufzugeben und sich von sozialen Einrichtungen zu trennen. Mitte Januar kündigte das Erzbistum dann an, bis zu acht der 21 Schulen in der Hansestadt zu schließen. Laut dem am vergangenen Freitag veröffentlichten Finanzbericht für 2016 beendete es das Jahr mit einem Fehlbetrag von knapp 279 Millionen Euro.
Heße schreibt nun, trotz der schwierigen Situation träumten die Menschen "von einem Aufbruch, einer Lebendigkeit unserer Gemeinden und Orte kirchlichen Lebens". Auf diese christliche Sendung hin müssten sich nun alle Reformbemühungen orientieren. Passend dazu hat das Bistum einen "Pastoralen Orientierungsrahmen" veröffentlicht, der den Bemühungen eine Richtung geben soll. Der Auftrag des Bistum sein nun der Aufbruch, das Loslassen und Losgehen, so Heße. Das müsse nicht gleich eine weite Reise bedeuten, sondern beginne im Alltag, in Gemeinde, Familie, Freundschaft, Beruf. "Wir wollen uns nicht in unseren Gebäuden verstecken, sondern rausgehen zu den Menschen am Rand, mit ihnen leben und mit ihnen lernen."
Der Orientierungsrahmen ist in kurzen Thesen gehalten und in drei Abschnitte untergliedert. Der erste Abschnitt "Zuspruch" steht für theologische Vergewisserung – wie das Bekenntnis zum Glauben an den dreifaltigen Gott. Im zweiten Bereich "Anspruch" geht es um christliche Haltungen. 15 Punkte werden hier aufgezählt. "Unser Auftrag beginnt bei uns selbst", steht ganz am Anfang, Mission mit "Abenteuerlust und Mut zum Experiment" ist eine weitere Haltung. Der Satz "Unsere Kirche verändert sich in und durch die Kontexte, in die sie hineingestellt ist" ist da zu lesen, ebenso wie die Versicherung "Gott gibt uns das, was hier heute brauchen. Das schenkt die Gelassenheit, auch Vertrautes loszulassen". Letztlich wird auch die eigene Fehlbarkeit eingestanden: "Bei allem, was wir tun, machen wir Fehler. Die Kirche im Erzbistum Hamburg hat in der Vergangenheit auch versagt".
Öffnen für Gottes Gegenwart, im Aufbruch sein
Der dritte Teil des Orientierungsrahmens schließlich zählt in neun Thesen die Missionarische Ausrichtung auf, die sich das Erzbistum künftig geben will (siehe unten). Dazu gehört es, sich neu für Gottes Gegenwart zu öffnen, sich nach innen und außen weiter zu vernetzen, sich an den verschiedenen Begabungen der Menschen auszurichten und in einem ständigen Aufbruch zu sein.
Heße lädt die Gläubigen dazu ein, den Pastoralen Orientierungsrahmen "zu lesen, zu diskutieren und zu leben". Er bilde die Grundlage für den Aufbruch und die wirtschaftliche Ausrichtung in den nächsten Jahren und müsse auch mit dem wirtschaftlichen Orientierungsrahmen und dem Pastoralkonzepten vor Ort in Einklang gebracht werden. (gho)
Teil des Orientierungsrahmens: Missionarische Ausrichtungen
Gottessuche
Gott ist auf der Suche nach den Menschen und der Mensch hat Sehnsucht nach Gott. Das Erzbistum Hamburg gestaltet eine Pastoral, die dieser Gottessuche Raum gibt. Wir stellen uns Gott und den Menschen zur Verfügung:
gottnah
Wir leben unsere Erneuerung, indem wir uns für Gottes Gegenwart öffnen.
berufen
Wir spüren der Größe unserer Berufung nach. Gott traut uns mehr zu als wir für möglich halten.
menschennah
Wir richten uns aus auf die Begabungen und Schätze der Menschen, die uns in ihren vielfältigen Lebenswirklichkeiten begegnen.
aufsuchend
Wir gehen an die Ränder der menschlichen Existenz. Als Kirche sind wir erfahrbar und glaubwürdig, wenn wir uns gemeinsam mit den Menschen für das Wachsen des Reiches Gottes einsetzen.
vernetzend
Wir suchen den Dialog nach innen und außen. Wir gestalten eine Pastoral, die verschiedene Orte kirchlichen Lebens vernetzt, Ökumene lebt und Kooperationen mit anderen Religiösen und gesellschaftlichen Akteuren sucht.
weltkirchlich
Als katholische Kirche in der Diaspora knüpfen wir bereichernde Beziehungen in die Weltkirche hinein. Wir erfahren und schätzen diese Vielfalt auch in unserem Erzbistum. In dieser geschwisterlichen Perspektive lernen wir, auf neue Weise Kirche zu sein.
solidarisch
Wir verpflichten uns zu einer neuen universalen Solidarität, die dem Wohl aller Geschöpfe dient. Mit aller Entschlossenheit setzen wir unsere Talente und unser Engagement ein, um nachhaltig mit der gesamten Schöpfung zu leben.
aufbrechend
Wir stellen uns auf einen ständigen Aufbruch ein. Wir unterstützen, was uns mutig auf neue pastorale Wege führt.