Fragen und Antworten zum Thema Predigt

Wer darf, wer nicht?

Veröffentlicht am 23.01.2015 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Liturgie

Bonn ‐ Mit einem außergewöhnlichen Schritt hat der Bischof von Münster, Felix Genn (im Bild), auf den Auftritt eines Pfarrers aus seiner Diözese bei einer Pegida-Demonstration reagiert: Am Dienstag entzog er ihm die Befugnis zu predigen. In den Medien wird seither immer wieder von einem "Predigt-Verbot" gesprochen. Katholisch.de beantwortet Fragen zu dieser Entscheidung und erklärt, was es mit diesem "Verbot" auf sich hat.

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Was ist passiert?

In der Pressemitteilung des Bistums Münster heißt es, dass der Bischof "in Bezug auf Canon 764 des Kirchenrechtes" einem Pfarrer "die Predigtbefugnis entzogen" hat. Mit seinem Auftritt bei Pegida habe der Pfarrer nicht nur "rechte Ideologien", Fremdenfeindlichkeit und "ein Gegeneinander der Religionen" unterstützt, sondern "auch noch seine Autorität als Pfarrer und Priester missbraucht".

Im Canon 764 des Codex des kanonischen Rechts, dem Gesetzbuch der Kirche , heißt es, dass Priester und Diakone befugt sind, überall zu predigen. Diese Befugnis unterliegt jedoch mehreren Einschränkungen. So muss grundsätzlich der Rektor der Kirche – der Priester, der für die jeweilige Kirche der "Hausherr" ist – "wenigstens vermutet" zustimmen. Ein Beispiel: Ein Paar lässt sich von einem befreundeten Diakon in einer beliebten Wallfahrtskirche trauen. Dazu muss vom Diakon die Erlaubnis des Rektors der Wallfahrtskirche eingeholt werden. Erteilt ihm der Rektor diese, kann auch vermutet werden, dass darin zugleich die Erlaubnis zur Predigt in der Wallfahrtskirche enthalten ist.

Diese sehr weit gefasste Predigt-Befugnis kann "vom zuständigen Ordinarius eingeschränkt oder entzogen" werden. Im Falle des Bistums Münster ist dies Diözesanbischof Felix Genn.

Wie kommt ein Priester zu seinem Predigtdienst?

Die Tatsache, dass der Bischof einem Priester die Befugnis zur Predigt entziehen kann, hängt direkt mit der Theologie von Amt und Weihe zusammen. Die Bischöfe sind als Nachfolger der Apostel die Hirten der Kirche. Die Priester wiederum haben durch ihre eigene Weihe Anteil am Hirtendienst, zu welchem auch die Verkündigung der Frohbotschaft gehört. Sie hängen jedoch "in der Ausübung ihrer Gewalt von den Bischöfen ab", wie es in der Konstitution "Lumen Gentium" des Zweiten Vatikanischen Konzils heißt.

Das Kapitel des Kirchenrechts über den Predigtdienst eröffnet mit der Feststellung, dass die Träger geistlicher Ämter "den Predigtdienst hochzuschätzen" haben und dass die Verkündigung der Frohbotschaft zu ihren Hauptpflichten zählt (c. 762). Als erste Pflichten eines Gemeindepfarrers werden im Canon 528 die Verkündigung des Wortes Gottes und die Katechese aufgeführt, etwa durch die Predigten an den Sonntagen.

Wer hat die Befugnis und wer das Recht zur Predigt?

Alle Christen sind Verpflichtet, zur Verbreitung der göttlichen Heilsbotschaft beizutragen (c. 211). Für die spezielle Verkündigungsform der Predigt ist dieser Verkündigungsauftrag jedoch genauer geregelt und in verschiedene Stufen der Berechtigung unterteilt.

Das eigentliche Recht zu predigen haben demnach allein die Bischöfe (c. 763), da sie "ja die Leiter des gesamten Dienstes am Wort Gottes in ihren Teilkirchen sind", wie es im Canon 756 heißt. Dieses Recht ist direkt an die Bischofsweihe gebunden und kann daher nur strafweise vom Papst selbst entzogen werden. Ein Bischof darf überall und zu jedem predigen. Es kann ihm jedoch ein anderer Diözesanbischof ausdrücklich verbieten, auf dem Gebiet seines Bistums zu predigen.

Priester und Diakone erhalten im Zusammenhang mit der Weihe die grundsätzliche Befugnis, zu predigen (c. 764). Der Bischof kann die Predigt-Befugnis einschränken oder entziehen. Dies ist im eigentlichen Sinn kein Verbot, da der Priester die Befugnis lediglich "bis auf Widerruf" verliehen bekommt. Die Befugnis kann auch mit einem Amt übertragen werden, etwa wenn ein Priester zum Pfarrer ernannt wird. Mit dem Amt des Pfarrers wird ein Priester zum "eigenen Hirten" einer Pfarrei ernannt.

Wann dürfen Laien predigen?

Laien haben, ebenso wie Kleriker, Anteil am kirchlichen Dienst und damit auch am Verkündigungsdienst, welcher wiederum die Predigt einschließt. Die kirchenrechtliche Grundlage der Laienpredigt legt der Canon 766, der besagt, dass Laien zur Predigt zugelassen werden können. Dies soll "nach Maßgabe der Vorschriften der Bischofskonferenz" erfolgen. Entsprechende Regeln wurden von der Deutschen Bischofskonferenz bislang nicht aufgestellt.

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Video: © Katholische Fernseharbeit

Sendung vom 28.12.2014

Bei dieser Zulassung von Laien zur Predigt handelt es sich "keinesfalls um ein eigenes Recht", wie es allein die Bischöfe besitzen. Sie ist auch nicht mit der Predigt-Befugnis der Priester und Diakone gleichzusetzen, wie Papst Johannes Paul II. 1997 in der Instruktion "Ecclesia de Mysterio" festgestellt hat. Die Zulassung soll allein aus pastoralen Gründen erfolgen. Hierzu verweist die Instruktion wiederum auf die Aufgabe der Bischöfe: "In den Vorschriften der Bischofskonferenz (…) müssen die Kriterien genannt werden, die dem Diözesanbischof helfen, geeignete pastorale Entscheidungen zu treffen (…)."

In besonderer Weise sollen hauptberufliche pastorale Mitarbeiter im Predigtdienst wirken. In den Rahmenstatuten der Deutschen Bischofskonferenz für die Gemeinde- und Pastoralreferenten wird die Predigt in Wort-Gottes-Feiern explizit als Teil der Aufgaben im Bereich Liturgie aufgeführt.

Für Laien – auch im hauptamtlichen Dienst – ausgeschlossen bleibt allein die Homilie, also die Predigt in der Feier der Heiligen Messe. Nach Canon 767 ist diese Teil der Liturgie selbst und damit Priester oder Diakon vorbehalten. Die bereits erwähnte Instruktion "Ecclesia de Mysterio" zählt Möglichkeiten auf, wie Laien dennoch an dieser besonderen Predigt beteiligt werden können. So können zu besonderen Anlässen Laien thematische Einführungen oder persönliche Zeugnisse geben. Auch "die Möglichkeit eines 'Dialogs' in der Homilie" wird ausdrücklich erwähnt.

Von Kilian Martin