Ein Hauch von "Showdown" beim Treffen von Papst und US-Präsident

Wer ist Trumpf im Vatikan?

Veröffentlicht am 16.05.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Politik

Washington/Rom ‐ Der Gegensatz zwischen dem Präsidenten der USA und dem Oberhaupt der katholischen Kirche könnte kaum größer sein. Wiederholt gerieten Franziskus und Donald Trump aneinander. Nun steht das erste Treffen an.

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Die "Huffington Post" tippt bereits auf eine ziemlich unangenehme Begegnung. Und der Chefredakteur des kundigen US-Magazins "National Catholic Reporter", Dennis Coday, wünscht sich: "Wenn Trump Franziskus trifft, wäre ich gerne eine Fliege an der Wand." Zwei mediale Kostproben, die eines zeigen: Wenn sich die Tür im Apostolischen Palast am Morgen des 24. Mai um halb neun hinter dem vielleicht mächtigsten Staatsführer und dem wohl einflussreichsten geistlichen Führer der Welt schließt, hält die Presse den Atem an.

Das von Trump ersuchte und dem Papst gewährte Treffen umweht der Hauch eines "Showdown". US-Vatikankenner John Allen meint, das Gespräch der beiden ließe sich als globales "Pay-Per-View"-Event gut verkaufen - als Bezahlfernsehen also. Dazu wird es natürlich nicht kommen; aber Allens Äußerung bringt auf den Punkt, was sich zwischen dem Papst und dem US-Präsidenten so alles aufgestaut hat.

Trump und Franziskus trennen Welten

Hier der Argentinier Franziskus, ein "Progressiver" aus einem kriselnden Land. Ein Mann, der Frieden predigt und den Dialog fördert. Dort Donald Trump, Milliardär aus dem reichsten Staat der Welt - den Allen als "feurigen Apostel des America First" charakterisiert.

In der Sache trennen die beiden Welten, ob Einwanderung, Armutsbekämpfung oder Klimawandel. Auch in der Anwendung der Mittel gibt es, freundlich gesagt, Kontraste. Franziskus erwähnte Trump nicht mal beim Namen, als er auf dem Rückflug von Ägypten eine friedensbetonte Nordkorea-Diplomatie einforderte. Die Adresse war dennoch eindeutig: Diplomatie, so der Papst, solle auf der "Kraft des Gesetzes" beruhen, nicht auf dem "Gesetz der Kraft".

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In Rom hat sich ein Straßenkünstler Gedanken zum ersten Treffen von Papst Franziskus und Donald Trump gemacht.

Trump seinerseits wird sicher nicht zur Beichte nach Rom fliegen. Es geht ihm darum, seine Positionen zu Politik, Wirtschaft und Menschenrechten zu erklären - immer interessant - sowie Gemeinsamkeiten zu betonen. Der Papst der Barmherzigkeit und der Präsident der Egomanie und des Bombasts: Beide setzen sich für den Schutz ungeborenen Lebens ein, für Aspekte der Religionsfreiheit und für die Verteidigung der Christen im Mittleren Osten.

Jenseits dieser überschaubaren Schnittmenge haben sich Trump und Franziskus verbal heftiger beharkt, als der diplomatische Kodex es eigentlich vorsieht. "Eine sehr politische Person" nannte Trump den Papst, weil der bei seiner Mexiko-Reise im Februar 2016 mit einer Messe auf der mexikanischen Seite der Grenze ein unübersehbares Zeichen der Verbundenheit mit den Einwanderern setzte.

Keine Konfrontationen mit Obama

Franziskus' Kommentar zu Trumps geplantem Mauerbau war da schon eindeutiger. Wer Mauern baue, handele nicht christlich, ließ er wissen. Die Retourkutsche: Der Papst könne im Fall eines IS-Angriffs auf den Vatikan nur beten, dass er, Trump, dann Präsident sein werde.

Konfrontationen dieser Art waren Trumps Amtsvorgänger Barack Obama fremd, als er 2014 und 2015 mit Franziskus zusammentraf, einmal im Vatikan und einmal bei der Papstreise in die USA. 2009 begegneten sich Obama und Franziskus' Vorgänger Benedikt XVI. Auch dort prägten Respekt und gegenseitige Wertschätzung das Treffen.

Linktipp: Mehr Konflikt als Übereinstimmung

Papst Franziskus und der künftige US-Präsident Donald Trump könnten eigentlich nicht unterschiedlicher sein. Zwischen ihren politischen Zielen liegen Welten - es gibt jedoch auch Gemeinsamkeiten. (Artikel vom November 2016)

Die ungewöhnlich unverblümte wechselseitige Kritik verrät einiges über den Werdegang der beiden mächtigen Männer vom amerikanischen Kontinent. Beide ziehen ihre Energie aus ihrem Volk. Und beide schrecken nicht davor zurück, sich mit den Eliten anzulegen: Trump mit dem republikanischen Partei-Establishment und den liberalen Medien, Franziskus mit den konservativen Kräften der Beharrung in der Kirchenhierarchie - und Geldleuten wie Trump.

Papst Franziskus sprach sich vor dem Treffen mit Trump für Offenheit aus. "Es gibt immer Türen, die nicht ganz zu sind", sagte er am Samstag bei seinem Rückflug aus Portugal vor mitreisenden Journalisten. Man müsse stets über Gemeinsamkeiten sprechen und "Schritt für Schritt vorangehen". Frieden sei "eine Handwerkskunst".

Vatikan sei eine weiche Macht

"Er wird sagen, was er denkt, und ich werde sagen, was ich denke", kündigte Franziskus an. Seine eigene Sichtweise zu Migranten sei wohlbekannt. Zu mutmaßlichen Gegensätzen mit Trumps Auffassung sagte er, er bilde sich "nie ein Urteil über eine Person, ohne sie anzuhören". Auf die Frage, ob er erwarte, dass Trump seine Positionen nach dem Treffen abmildere, antwortete der Papst, dies sei politisches Kalkül, das er sich selbst nicht gestatte.

Der Kirchenhistoriker Massimo Faggioli von der Universität von Villanova/Philadelphia sieht die USA und den Vatikan als "parallele Reiche". Ihre Beziehung zueinander sage immer etwas über den Zustand der Welt aus. Faggioli blickt vor allem auf jene, die Trump auf seinen Europa-Besuch vorbereiten. Der Präsident habe sich mit harten Männern aus Militär und US-Wirtschaft umgeben. Der Vatikan aber sei eine weiche Macht. Eine solche Sprache verstünden im Weißen Haus derzeit allzu wenige.

Von Bernd Tenhage (KNA)