"Wie der Tsunami 2004"
Für die evangelischen Johanniter ist Hanni Walter aus dem Regionalbüro Südostasien auf der philippinischen Insel Mindanao. Sie berichtet katholisch.de, dass zwei Teams der Partnerorganisation "Balay Mindanaw Foundation" in die Katastrophenregion gereist seien.
Strom, Wasser, Nahrungsmittel und Medikamente dringend benötigt
"Die Situation ist unklar. Klar ist allerdings, dass die komplette Infrastruktur zusammengebrochen ist", sagt die 33-jährige. Es fehle an Strom, Wasser, Nahrungsmitteln und Kleidung gegen die Kälte. Medikamente würden dringend gebraucht, da die Hospitäler weitestgehend zerstört wurden, erzählt Walter. Sie warnt vor einer Seuchengefahr. Der nächste Schritt für die Johanniter sei eine Bedarfsanalyse, die eine deutsche Mitarbeiterin des Hilfsdienstes durchführen soll. Parallel dazu haben die Johanniter zwei "Emergency Health Kits" mit Medizin, Feldbetten und Grundnahrungsmittel in Vorbereitung, die über mehrere Monate hinweg 10.000 Menschen versorgen können.
Die Malteser, die katholische Schwesterorganisation der Johanniter, berichten derweil über erhebliche Schwierigkeiten, in die Katastrophengebiete vorzudringen; das Helferteam könne erst am Dienstag nach Tacloban aufbrechen, sagte eine Sprecherin katholisch.de. Der Leiter von Malteser International, Ingo Radtke, vergleicht die Lage auf der Insel Leyte mit derjenigen in Sri Lanka und Indien nach dem Tsunami im Jahre 2004. Das Hilfswerk stellt fest: "Je besser die Kommunikationsmöglichkeiten werden, desto schlimmer werden die Berichte".
Ähnliche Stimmen gibt es von vatikanischen Helfern zu hören: Pater Giovanni Re, der für die päpstlichen Missionswerke (PIME) auf den Philippinen ist, sprach gegenüber Radio Vatikan von unsäglichen Zerstörungen. Die hohe Zahl der Toten sei angesichts von zwei Tagen Evakuierungen vor dem Sturm überraschend. "Leider hat die Gewalt dieses Mega-Taifuns die schlimmsten Erwartungen noch übertroffen." Einige Gegenden seien seit Tagen völlig von der Außenwelt abgeschnitten, so der Ordensmann. Die Kirche tue über die Diözesen und ihre entsprechenden Organisationen ihr Möglichstes.
Steyler Missionare haben Kontakt verloren
Die Steyler Missionare berichten, dass sie auch am Montag noch keinen Kontakt zu ihren Mitbrüdern in der besonders betroffenen Provinz Leyte aufbauen konnten. Die Ordensmänner führen dort eine Schule und ein Krankenhaus. Sie machten sich große Sorgen; hofften allerdings, dass die solide gebaute Schule den Taifun überstanden habe. Das Krankenhaus der Steyler habe er in einem Fernsehbericht erkannt, teilte Pater Ulrich Schlecht mit. "Es wurde als einziges Krankenhaus in Tacloban vorgestellt, das noch in Betrieb ist. Ich hoffe, unsere Kräfte vor Ort erhalten bald neue Medizinvorräte, weil diese wohl erschöpft sind."
„Je besser die Kommunikationsmöglichkeiten werden, desto schlimmer werden die Berichte.“
Die Steyler bekräftigten, weiter "an vorderster Front" mithelfen zu wollen. Erst vor wenigen Wochen sei bei einem Erdbeben auf der philippinischen Insel Bohol unter anderem ein Steyler Krankenhaus zerstört worden. In weniger als zwei Jahren sei die Region von sechs großen Naturkatastrophen heimgesucht worden, die Menschen seien am Ende ihrer Belastbarkeit.
Die Katastrophe spielte auch auf der UN-Klimakonferenz in Warschau eine Rolle. "Wir alle spüren die Auswirkungen des Klimawandels", sagte der polnische Umweltminister und Konferenzpräsident Marcin Korolec mit Blick auf den Taifun. Die Unwetterkatastrophe sei der Beweis, dass eine Niederlage im "ungleichen Kampf zwischen Mensch und Natur" drohe. Stefan Rahmstorf, Ozeanologe am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, sagte, der Taifun Haiyan sei wahrscheinlich der stärkste Tropensturm gewesen, der seit Beginn der Wetterbeobachtungen auf Land getroffen sei.
Großspenden von Diözesen und ein Aufruf von den Philippinen
Unterdessen laufen bei den Katastrophenhilfswerken die ersten Großspenden ein: Die Diözese Rottenburg-Stuttgart hat 100.000 Euro für Taifun-Opfer bereitgestellt. Die Summe aus dem Etat der Hauptabteilung Weltkirche soll an Caritas international weitergeleitet werden. Zugleich rief Bischof Gebhard Fürst die Gläubigen zu Spenden auf. Das Bistum Speyer spendete 20.000, das Erzbistum Bamberg 15.000 Euro an die Caritas. Die Diözese Würzburg stellte am Dienstag 100.000 Euro als Soforthilfe bereit. Das Hilfswerk missio in Aachen stellt 50.000 Euro für die am meisten betroffenen Regionen des Landes zur Verfügung.
Auch Papst Franziskus spendete am Montag 150.000 US-Dollar (112.000 Euro). Das Geld soll über den päpstlichen Rat für humanitäre Hilfe "Cor Unum" an die katholische Kirche auf den Philippinen weitergeleitet werden. Mit der Spende bekunde Franziskus zugleich "geistliche Nähe und väterliche Ermutigung".
Weitere Bistümer, wie etwa die Diözese Essen, riefen die Gläubigen zu Spenden auf. "Eine bislang unvorstellbare Naturkatastrophe hat in dem Land eine Spur des Schreckens, Todes und der Zerstörung hinterlassen. Wir sind erschüttert vom Tod so vieler Menschen", teilte Bischof Franz-Josef Overbeck mit. Am Wochenende hatte schon der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zu Spenden aufgerufen. Nach Einschätzung der Pressesprecherin der Malteser, Claudia Kaminski, werden Millionen von Euro benötigt. Noch gebe es keinen Überblick über die Spendenbereitschaft der Bundesbürger, da die Katastrophe immer noch "zu frisch" sei.
Auch Hanni Walter ruft von den Philippinen aus Deutsche, die helfen wollen, zu Geldspenden auf: "Sachspenden machen überhaupt keinen Sinn. Bis die hier sind, ist es bereits zu spät." Mit dem Geld können die Johanniter vor Ort Hilfsgüter kaufen und sofort einsetzen. Bis jetzt haben mehr als 22 Staaten Millionen an Spenden zugesagt – alle Hilfen zusammen ergeben die vielen Tropfen, die den heißen Stein kühlen sollen. (mit Material von dpa und KNA)
Von Agathe Lukassek und Lukas Rüdiger