Willkommensbündnis für Flüchtlinge
Vier Familien seien gekommen, berichtet Martina Gebauer vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). "Insgesamt sind 22 Personen in Görlitz angekommen und haben in mehreren Wohnungen in der Innenstadt ein Zuhause auf Zeit gefunden", berichtet sie.
Seit wenigen Tagen erst ist Martina Gebauer für die Soziale Betreuung der Flüchtlinge zuständig. Das DRK ist vom Landkreis mit der sozialen Betreuung der Flüchtlinge beauftragt worden. "Vor allem geht es um die Unterstützung im Alltagsleben und um Sprechzeiten für die Flüchtlinge und die Anwohner", sagt Martina Gebauer. "Ich stehe auch den Nachbarn als Ansprechpartner zur Verfügung". 140 Flüchtlinge kommen möglicherweise noch dieses Jahr in die Stadt, mit noch einmal 150 wird im nächsten Jahr gerechnet.
Wohnungen für Flüchtlinge
Die Unterbringung der Flüchtlinge in Wohnungen ist für den Landkreis ein Erfolgsmodell. "In Wohnungen können Familien selbstbestimmt leben, unter den Umständen eines 'normalen' Lebens", sagt der Landrat des Landkreises Görlitz, Bernd Lange. Aus Sicht der Kreisverwaltung lasse sich so auch eine Integration für "Mitmenschen auf Zeit" besser gestalten. Die Familien haben in den Wohnungen einen eigenen Kochherd, eine Waschmaschine sowie eigene sanitäre Einrichtungen, anders als in den Gemeinschaftsunterkünften.
Man habe bereits in kleinerem Umfang in anderen Städten des Landkreises gute Erfahrungen mit dieser "dezentralen Unterbringung" der Flüchtlinge gemacht.
Anders als im Nachbarlandkreis Bautzen, wo teilweise hunderte Anwohner gegen geplante Gemeinschaftsunterkünfte demonstrieren, gibt es in der Stadt Görlitz keine Proteste gegen die Asylbewerber. Im Gegenteil. Hier bildet sich sogar ein "Willkommensbündnis", das die Flüchtlinge unterstützen will. "Darunter sind auch viele Vertreter von Kirchengemeinden aller Konfessionen, von Sport- und Frauenvereinen, ganz viele ehrenamtlich tätige Personen, die sich alle sehr vielfältig engagieren", berichtet Landrat Lange und fügt hinzu, "dafür bin ich sehr dankbar".
Gabi Kretschmer ist die Vertreterin der katholischen Gemeinde in dem Willkommensbündnis. "Mir werden im Augenblick ganz viele Namen aus der Gemeinde weitergereicht, von Menschen, die sich einbringen wollen", berichtet die Gemeindereferentin. Es gehe jetzt darum ein Netzwerk zu bilden. Auch wolle man versuchen, gezielt die Christen unter den Flüchtlingen anzusprechen und in die Gemeinden einzuladen.
Hilfen für den Alltag schaffen
Das Willkommensbündnis will in verschiedenen Gruppen Alltagshilfen entwickeln, Begegnungsmöglichkeiten schaffen, Zugänge zu den Sportvereinen schaffen und die Überwindung von Sprachbarrieren angehen. Eine Gruppe arbeitet an einem "Begrüßungspaket" für die Flüchtlinge, eine weitere Gruppe hat sich dem Thema "Kulturverständnis" angenommen. "Das ist eine Aufgabe, deren Erfüllung mit viel Feingefühl verbunden ist um die vorhandenen Ängste der Bürgerinnen und Bürger wahrzunehmen, aber auch das Ankommen der Flüchtlinge gut zu begleiten", stellt Romy Wiesner fest.
Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Görlitz ist zuständig für die Koordination der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit im Zusammenspiel zwischen der Stadtverwaltung und der ehrenamtlichen Hilfsstruktur. Kulturverständnis ist für Romy Wiesner keine Einbahnstraße. Sie sieht in der derzeitigen Situation auch eine Herausforderung an die Görlitzer, an ihre Warmherzigkeit und an das Erinnern. "Gerade in dieser Stadt, in der Flucht und Vertreibung ein großes Thema waren, werden wir nicht vergessen, wie wertvoll Mitmenschlichkeit und Hilfe sind", sagt Romy Wiesner. Tatsächlich hat die Stadt Görlitz mit Flüchtlingen Erfahrung. 40.000 Flüchtlinge überwiegend aus Schlesien und Böhmen nahm die Stadt im Jahr 1945 dauerhaft auf, bis zu 20.000 Menschen zogen im Sommer 1945 während einer Hungersnot täglich durch die Stadt Richtung Westen.
Von Markus Kremser