Wird der Mensch "verzweckt"?
US-Forscher haben nach eigenen Angaben mittels Klontechnik menschliche embryonale Stammzellen produziert. Sie nutzten dazu ein Verfahren, das auch zum Klonschaf Dolly führte, möchten aber ausdrücklich keine Klonmenschen herstellen.
Die neuen Zellen könnten theoretisch in jede beliebige Art von Körperzellen transformiert werden - und so künftig einmal kranke oder verletzte Zellen ersetzen. Die Forscher der "Oregon Health __amp__ Science University" in Portland sprachen am Mittwoch von einem Durchbruch. Man sei der Heilung von Krankheiten wie Parkinson, Multipler Sklerose, Herzkrankheiten und von Verletzungen des Rückenmarks deutlich näher gerückt.
Wissenschaftler wollen keine Menschen kopieren
Die Wissenschaftler in Portland hatten Zellkerne aus Hautzellen entnommen und einer Eizelle eingepflanzt, aus der die Erbinformation zuvor entfernt worden war. Aus der neuen Zelle entwickelte sich eine sogenannte Blastozyste, von der embryonale Stammzellen entnommen werden können. Die Eizelle musste für den Kerntransfer bei einem ganz bestimmten Entwicklungsstadium gestoppt werden, der sogenannten Metaphase.
Für das reproduktive Klonen, also das Kopieren von Menschen, tauge die Methode nicht, betonen die Wissenschaftler. Obwohl es seit Jahren versucht werde, sei es zudem noch nicht einmal gelungen, einen Affen zu klonen.
Nach dem Klonschaf Dolly, das 1997 der Weltöffentlichkeit präsentiert wurde, hatte sich zum einen eine Euphorie in der Forscherszene breitgemacht. Zum anderen war aber immer wieder davor gewarnt worden, ethische Grenzen zu überschreiten und "Gott zu spielen".
Stammenzellenforscher und Bischöfe äußern Kritik
Der Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle reagierte verhalten und warnte "vor zu viel Hype". "Ich bin skeptisch, ob uns das im therapeutischen Bereich weiterbringt", sagte er am Donnerstag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Es handele sich um einen grundlagenwissenschaftlichen Befund.
Auch ethisch seien solche Forschungen problematisch. Es stehe die Frage im Raum: "Dürfen solche 'Forschungsembryonen' hergestellt werden?" Das jetzt veröffentlichte Experiment "wäre in Deutschland verboten durch das Embryonenschutzgesetz", betonte der Wissenschaftler.
"Die Deutsche Bischofskonferenz ist besonders angesehenen Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen dankbar, dass sie ihre grundlegenden ethischen Bedenken geäußert haben", sagte ihr Vorsitzender, Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch .
Die Kirche habe vielfach eine weltweite Ächtung des reproduktiven Klonens gefordert, so Zollitsch und weiter: "Im Übrigen geht es gewiss zuerst um die schreckenerregende prinzipielle Möglichkeit, dass am Ende auch Menschen geklont werden könnten."
Die katholische Bischofskonferenz der USA hat die Nachricht über das gelungene Klonen eines menschlichen Embryos als "zutiefst beunruhigend" kommentiert. Auch wenn diese Methode der Forschung dienen solle, werde sie zweifellos von denen aufgegriffen, die einmal geklonte Kinder herstellen wollten, warnte das Komitee der Bischöfe für Lebensschutz in einer am Mittwoch in Washington veröffentlichten Stellungnahme.
"Ein technischer Fortschritt im Klonen von Menschen ist kein Fortschritt für die Menschheit, sondern das Gegenteil", erklärte der Vorsitzende des Gremiums, der Bostoner Kardinal Sean O'Malley.
Losinger: Ethische Dimension nicht aus dem Blick verlieren
Unabhängig von dem verfolgten Ziel behandle das Klonen "menschliche Wesen als Produkte, maßgefertigt nach den Wünschen anderer Leute", so die Bischöfe weiter. Dies widerspreche der "moralischen Verantwortung, jedes Mitglied der Menschheitsfamilie als einzigartiges Geschenk Gottes zu behandeln, als eine Person mit eigener Würde". Weihbischof Losinger wies in diesem Zusammenhang auf die sogenannten adulten Stammzellen hin, für die keine Embryonen zerstört werden müssten (siehe Textbox unten).
Man müsse sich klarmachen, dass es weiterhin dramatische Entwicklungen im Bereich der Gentechnik gebe werden, sagte Losinger weiter. "Als Kirche dürfen wir dies aber nicht nur schlecht reden", so der Weihbischof, seien damit doch "positive Hoffnungen" kranker Menschen verbunden.
Allerdings müsse man immer wieder auf die Grenzen der Forschung sowie auf die Würde und das Lebensrecht des Menschen aufmerksam machen. Es gelte, nie die Frage aus dem Blick zu verlieren, welche Forschung dem Menschen für das Gute diene.
Aus diesem Grund dürfe parallel zur Weiterentwicklung wissenschaftlicher Methoden die ethische Dimension nicht aus dem Blick geraten, so Losinger. Gegenüber katholisch.de beschrieb seine Forderung mit einem Zitat von Albert Einstein: "Die Menschheit lebt heute technisch im Atomzeitalter, aber ethisch in der Steinzeit." (meu/dpa/KNA)