Seelsorger Jürgen Hünten begleitet das deutsche Team nach Südkorea

Wofür betet der Olympia-Pfarrer in Pyeongchang?

Veröffentlicht am 08.02.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Sport

Bonn ‐ Am Freitag beginnen die Olympischen Winterspiele. Zum deutschen Team zählt auch der katholische Pfarrer Jürgen Hünten. Katholisch.de hat er erzählt, wofür er bei den Spielen betet - und wofür nicht.

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Frage: Pfarrer Hünten, beten Sie für die deutsche Mannschaft bei der olympischen Winterspielen in Südkorea?

Jürgen Hünten: Ich bete darum, dass die Spiele erfolgreich verlaufen, ich bete für Fairness, für ein Gelingen der Spiele und dafür, dass alle wieder gesund nach Hause kommen. Natürlich bete ich auch für die deutsche Mannschaft, aber nicht explizit.

Frage: Aber die deutsche Mannschaft hofft doch bestimmt auf Ihre Gebete?

Hünten: Ich darf und möchte unseren Gott nicht manipulieren, dass er nur für die deutschen Sportler da ist. Ich bete daher nicht für einen Sieg, sondern um den Beistand Gottes, dass alles gut geht und niemand im Wettkampf verletzt wird.

Frage: Warum braucht es einen eigenen Seelsorger für die Sportler?

Hünten: Wenn zum Beispiel ein Unfall passiert, dann sind wir Seelsorger sofort zur Stelle. Wir hören zu, trösten und machen Mut. Mein evangelischer Kollege Thomas Weber und ich stehen jederzeit für Gespräche zur Verfügung. Wir bieten in den olympischen Dörfern Gebete und Gottesdienste an und werden versuchen, uns so gut wie möglich bei den einzelnen deutschen Teams bekannt zu machen. Da wir die deutsche Teamkleidung tragen, haben wir auch leichter Zugang zu den einzelnen Bereichen. In den beiden olympischen Dörfern wird es wieder ein religiöses Zentrum geben, in dem wir nach Verfügbarkeit Gebete und Gottesdienste anbieten werden. Aber wir sind nicht nur für die Sportler da, sondern für die gesamte deutsche Olympiadelegation, also auch für die Trainer und Bediensteten des Verwaltungsstabes. Alle stehen bei den Wettkämpfen ziemlich unter Strom. Für die Athleten sind diese Wettkämpfe der sportliche Höhepunkt ihrer Karriere und daher auch eine große Belastung.

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Video: © katholisch.de

Jürgen Hünten betet für Fairplay im Sport.

Frage: Das Thema Doping spielt hierbei bestimmt auch eine Rolle…

Hünten: Ich habe kein Verständnis für unfaire Methoden im Sport. Es ist wichtig, dass die Athleten ihre Ergebnisse durch faire Leistungen erzielen. Es geht um einen Wettkampf auf Augenhöhe und um ein gutes Miteinander. Das ist den meisten Sportlern auch klar. Hinter den Kulissen erlebe ich aber, welchem enormen Druck alle ausgesetzt sind. Die Öffentlichkeit will gute Ergebnisse. Das ist auch in Ordnung so, aber die Öffentlichkeit ist häufig auch sehr undankbar, wenn die Platzierungen nicht gut sind. Wir sind alle keine Maschinen. Keiner der Athleten geht in einen Wettkampf hinein, um zu verlieren oder schlecht abzuschneiden oder etwa in der Vorrunde auszuscheiden. Man darf nicht vergessen, wie hochqualifiziert und hochmotiviert die Athleten zu den Spielen hinfahren. Sie wollen gewinnen und das Beste für sich und für Deutschland rausholen. Es ist jedes Mal ein Desaster, wenn etwas schief geht. Als Seelsorger möchten wir den Sportlern etwas den Druck rausnehmen. Wir freuen uns riesig über die sportlichen Erfolge der Athleten. Aber wir wissen auch, dass jeder mal einen guten Tag und mal einen schlechten Tag hat. Siegen und verlieren, fallen und wieder aufstehen, das gehört zusammen.  

Frage: Was sagen Sie einem Sportler, der gescheitert ist?

Hünten: Ich habe kein Patentrezept. Ich versuche dann einfach da zu sein und die richtigen Worte zu finden, die einem weiterhelfen. Schließlich gibt es auch noch ein Leben nach dem Sport. Viele Trainer sagen mir oft, wie gut wir für das gesamte Team sind. Wir sind sozusagen die positive Ergänzung zum Sportpsychologen. Das Team hat natürlich großes Interesse daran, möglichst vieles anzubieten, um die Wettkämpfe erfolgreich zu machen.

Frage: Was macht für Sie den entscheidenden Unterschied zwischen einem Seelsorger und einem Sportpsychologen aus?

Hünten: Der Sportpsychologe arbeitet nach bestimmten Kriterien und Modellen und erstellt mit den Sportlern einen mentalen Trainingsplan. Es geht ganz klar um Leistung und Erfolg. Als Seelsorger habe ich einen anderen Blickwinkel auf das Ganze. Mir geht es um den Menschen. Man kann mit mir jederzeit auch mal eine Runde um die Halle drehen und Dinge neutral besprechen. Manchmal lösen sich Probleme ganz von alleine wieder auf. Ab und zu kommt es vor, dass ich darum gebeten werde, eine Kerze aufzustellen oder für jemanden zu beten. Manche erbitten auch den Segen Gottes für sich, um sozusagen Rückenwind von oben zu haben. Das mache ich alles gerne. Ich bin so etwas wie der geistliche Coach für die Athleten. Für manche bin ich sogar der erste katholische Seelsorger, den sie kennenlernen.

Bild: ©dpa / Fredrik von Erichsen

Skispringen gehört seit den ersten Olympischen Winterspielen von 1924 durchgehend zum Programm der olympischen Winterspiele - und zu den Lieblingssportarten von Olympiapfarrer Jürgen Hünten.

Frage: Auf welche Sportart freuen Sie sich besonders?

Hünten: Auf Biathlon und Skispringen. Ich bin aber auch auf Sportarten gespannt, die ich bislang noch nicht kennen gelernt habe.

Frage: Werden Sie auch einmal rodeln auf der Rodelbahn?

Hünten: Die Rodelbahn beeindruckt mich wirklich sehr! Aber ich gehe davon aus, dass das nicht möglich sein wird, denn die Sportler haben einen festen Trainingsplan und müssen ihre Zeitfenster einhalten. Ich bin schließlich auch nicht dazu da, um das Team zu bespaßen, sondern meinen Job als Seelsorger zu machen. Aber wenn ich die Gelegenheit dazu bekomme, rodle ich gerne mit (lacht).

Frage: Welche Botschaft möchten Sie den Sportlern mitgeben?

Hünten: Mir gefällt der Satz aus der Bibel in Matthäus 5,14: "Ihr seid das Licht der Welt". Für mich ist das der olympische Gedanke. Die Athleten repräsentieren  so viele verschiedene Sportarten und Länder und wenn sie in Südkorea friedlich zusammenkommen, dann ist das gelingende Völkerverständigung. Wenn Sportler aus Israel und dem Iran oder aus Südkorea und aus Nordkorea nebeneinander einziehen werden, dann leuchtet das olympische Feuer auch als Hoffnungszeichen auf. 

Von Madeleine Spendier

Zur Person

Jürgen Hünten (51) ist seit elf Jahren Pfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde in Düsseldorf und Wuppertal. Im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz begleitet er die deutsche Delegation zu den Olympischen Winterspielen nach Südkorea. Gemeinsam mit einem evangelischen Seelsorger wird er vor Ort Gebete, Gespräche und Gottesdienste für Athleten und Teammitglieder anbieten.