Mahnende Worte auf der Frühjahrsvollversammlung

ZdK warnt vor islamfeindlicher Stimmung

Veröffentlicht am 05.05.2017 um 12:45 Uhr – Lesedauer: 
ZdK warnt vor islamfeindlicher Stimmung
Bild: © KNA
Laienkatholizismus

Berlin ‐ Das ZdK trifft sich derzeit zu seiner Frühjahrsvollversammlung in Berlin. Präsident Thomas Sternberg beklagt eine politische Instrumentalisierung des Islam und äußert sich zum Embryonenschutz.

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Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, hat nachdrücklich vor islamfeindlichen Strömungen in Deutschland gewarnt. "Die Stimmung dem Islam gegenüber in diesem Land macht mir größte Sorge", sagte er am Freitag in Berlin. "Es ist ein Kurzschluss, wenn wir die Instrumentalisierung des Islam für politische Zwecke mit dem Islam in seinen mannigfachen Ausprägungen gleichsetzen", betonte Sternberg bei der Frühjahrsvollversammlung des obersten katholischen Laiengremiums.

Der ZdK-Präsident fügte hinzu, in der Integrationspolitik werde die Eingliederung der Muslime von entscheidender Bedeutung sein. Dazu gehöre die Förderung des islamischen Religionsunterrichts an staatlichen Schulen und der Lehrstühle für islamische Theologie zur Ausbildung deutschsprachiger Religionslehrkräfte und Imame. "Denn Bildung ist das beste Mittel zur Gewaltprävention", betonte Sternberg.

Er kritisierte AfD-Forderungen nach einer Abschaffung des staatlich organisierten Islam-Unterrichts und der Universitätsinstitute für islamische Theologie. Sternberg rief dazu auf, den christlich-muslimischen Dialog zu intensivieren: "Wir müssen zusammen mit frommen Muslimen entschieden gegen die Pervertierung der Religion im Islamismus und gegen den Missbrauch des Gottesnamens vorgehen.

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Mit Blick auf den in die Kritik geratenen deutsch-türkischen Moscheeverein Ditib betonte der ZdK-Präsident, dass der größte islamische Einzelverband in Deutschland über viele Jahre für die Politik ein "Garant für verlässliche rechtsstaatliche Zusammenarbeit mit den Muslimen" gewesen sei. Nun werde aber offenkundig, dass "eine von Weisungen der staatlichen Religionsbehörde in der Türkei abhängige Organisation nur schwerlich als Religionsgemeinschaft anerkannt werden kann und jedenfalls nicht ohne weiteres in das deutsche Religionsverfassungsrecht passt". Zugleich erklärte er aber, dass der Gesprächsfaden mit Ditib nicht abreißen dürfe. Der Verband steht wegen seiner Nähe zur türkischen Regierung und wegen Spitzelvorwürfen gegen einzelne Imame in der Kritik.

Die rund 220 Delegierten des ZdK wollen auf ihrer Frühjahrsvollversammlung zudem einen Aufruf zum Wahljahr 2017 verabschieden. Der Appell trägt den Titel "Farbe bekennen für die Demokratie". Begleitend dazu startet das ZdK unter www.demokratie-stimmt.de eine Internet-Aktion mit Statements von 50 prominenten Mitgliedern, unter ihnen die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD).

Berliner Bürgermeister würdigt Engagement von Katholiken

Zum Auftakt der Versammlung hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) das Engagement der deutschen Katholiken für Freiheit und Demokratie gewürdigt. "Es ist wichtig, dass alle gesellschaftlichen Kräfte eine klare Haltung beziehen für ihre gemeinsamen Werte", sagte Müller. Sie dürften dies nicht nur den Politikern und Parteien überlassen. Außerdem würdigte der Bürgermeister "die konkrete Hilfe für Menschen in Not", die der Caritasverband leiste. Unter dem Applaus der ZdK-Mitglieder bekräftigte er seinen Willen, daran festzuhalten, dass Berlin auch in Zukunft Flüchtlingen Hilfe leiste. Dabei sei er auf Menschen angewiesen, "die dieses Engagement unterstützen".

Die frühere Bundesbeauftragte für die Unterlagen des DDR-Staatssicherheitsdienstes, Marianne Birthler, mahnte in einem Impulsreferat die Förderung einer "demokratischen Erinnerungskultur" an. Dabei könnten die europäischen Freiheitsbewegungen des 20. Jahrhunderts eine wichtige Rolle spielen, sagte Birthler. Für eine humane Zukunft Europas sei ein gemeinsames Wertefundament unverzichtbar. Deshalb übte sie scharfe Kritik an aktuellen politischen Entwicklungen: "Fremdenfeindlichkeit, Abgrenzung und Hass sind nicht mehr nur Sache der Stammtische, sondern sickern in den bürgerlichen Diskurs ein." Dazu trügen auch Politiker bei, "indem sie opportunistisch dem dumpfen Grollen folgen, anstatt ihm mit klarer Haltung zu begegnen".

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Sternberg wandte sich bei der Frühjahrsvollversammlung aber auch noch anderen Themen zu – wie etwa dem Embryonenschutz, vor deren rechtlicher Lockerungen er warnte. Der Schutz des menschlichen Lebens müsse weiter Vorrang haben, forderte er. Daher dürfe das Embryonenschutzgesetz bei einer Novellierung "kein allein die Technik regulierendes Reproduktionsmedizingesetz werden". Der ZdK-Präsident weiter: "Der manchmal verzweifelte Kinderwunsch vieler Menschen ist gut nachvollziehbar, aber ist nicht absolut zu setzen. Er stößt an Grenzen, wenn es um den Schutz des menschlichen Lebens geht."

Ende März hatten Wissenschaftler der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina für eine Lockerung des Embryonenschutzgesetzes und begrenzte Zulassung von Embryonenforschung plädiert. Hintergrund sind neue Entwicklungen in der Genforschung. Forscher gehen davon aus, dass das als "Gen-Schere" bezeichnete Verfahren "CRISPR/Cas9" die Möglichkeiten der Gen-Therapie revolutioniert. Bislang galten gezielte Eingriffe ins menschliche Erbgut als technisch schwer machbar. Durch die "Gen-Schere" soll aber das Erbgut von Pflanzen, Tieren und Menschen kostengünstig und hoch effizient verändert werden können.

Innerkirchlich erachtet Sternberg eine Verankerung von Gemeindeleitung durch Laien im Kirchenrecht für wichtig. Die Frage nach der Zukunft der Gemeinden sei es, "die die Gläubigen in unserer Kirche am stärksten bedrängt". Bei aller Euphorie über neue "Orte von Kirche" reiche es auf Dauer nicht, wenn es eine Gemeindeleitung in Abhängigkeit von einem vor Ort nicht präsenten, übergeordneten Pfarrer gebe, so Sternberg. "Das wäre keine Leitung, die auch im Konfliktfall trägt". (bod/KNA)

05.05.2017, 13.20 Uhr: ergänzt um Aussagen von Marianne Birthler. /rom