"Zur Einheit gerufen"
Grundlage für die Publikation ist das "Wort zur Ökumene ", das die Bischöfe auf ihrer Herbst-Vollversammlung im September in Fulda verabschiedet haben. Damit wollen die Oberhirten neu ins Bewusstsein rufen, dass Jesus die Menschen zur Einheit verpflichtet habe, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Pressemitteilung. Der Flyer erscheint somit am Reformationstag, an dem die Protestanten dem Thesenanschlag von Martin Luther mit Kritik an Missständen in der katholischen Kirche gedenken.
In dem Flyer bekräftigen die Bischöfe, den Weg zur vollen und sichtbaren Einheit der Kirche zu beschreiten – trotz mancher Schwierigkeiten und neuer Fragen, die sich in der Ökumene stellten. Außerdem ermutigen sie Christen, den Weg mitzugehen. "Wir freuen uns mit allen Gläubigen, wenn der ökumenische Impuls im Leben, in den Familien, in der Gesellschaft und im beruflichen Umfeld ergriffen und immer mehr zum gemeinsamen Selbstverständnis wird", heißt es.
Es ist bereits einiges passiert
Im Rückblick auf 50 Jahre ökumenischen Dialog stellen die Bischöfe fest, dass in vielen strittigen Fragen ein "bemerkenswertes Maß an Verständigung" erreicht wurde. Daran solle nun mit dem Ziel weitergearbeitet werden, dass die Kirchen die erreichten Annäherungen und Übereinstimmungen in ähnlicher Weise rezipieren, wie dies bereits in der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999 gelungen sei. Das Ereignis gilt als eine der größten Errungenschaften in der Ökumene.
Für den vorsitzenden Bischof der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz Gerhard Feige ist das Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils ein "klares Bekenntnis der katholischen Kirche, sich nach Kräften in der Ökumene zu engagieren und sich in der Gemeinschaft mit anderen Christen für die Wiederherstellung der vollen sichtbaren Einheit der Kirche einzusetzen".
Es geht nicht nur um theologische Fragen
Das Zweite Vatikanische Konzil habe der gesamten Christenheit im Wesentlichen drei Aufgaben mit auf den Weg gegeben. Dazu gehöre unter anderem die Tatsache, dass der christliche Glaube keine Selbstverständlichkeit mehr darstelle. Daher müsse unter Christen die Einsicht wachsen, dass das gemeinsame Zeugnis für die Glaubwürdigkeit der christlichen Botschaft entscheidend ist. Beim gemeinsamen Weg zur Einheit gehe es außerdem nicht nur um theologische Fragen: Vielmehr müssten Christen in erster Linie Verantwortung für den anderen übernehmen. Hilfreich können außerdem gemeinsame Gebete oder das gemeinsame Lesen in der Bibel sein.
Auch wenn es derzeit noch keine klare Vorstellung davon gebe, wie eine volle und sichtbare Einheit konkret aussehen könne, solle das "Wort zur Ökumene" deutlich machen, dass Einheit nicht Uniformität bedeute, so Feige. Umgekehrt dürfe Vielfalt aber auch nicht zur Beliebigkeit werden. "Das Verhältnis von Einheit und Vielfalt auszuloten, bleibt eine dringende Aufgabe, der wir uns gemeinsam stellen müssen."
Von Sophia Michalzik