Oliver Maksan über den deutschen Papa emeritus

Benedikts Erbe neu vermessen

Veröffentlicht am 19.04.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 3 MINUTEN
Standpunkt

Bonn ‐ Oliver Maksan über den deutschen Papa emeritus

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Papst Benedikt XVI. ist 90 geworden. Ein langes, beispielgebendes Leben liegt hinter ihm und hoffentlich noch gesunde und glückliche Jahre vor ihm. Vielleicht ist das persönliche Jubiläum des Papa emeritus ein guter Anlass, das theologische und lehramtliche Erbe des deutschen Papstes neu zu vermessen oder überhaupt erst zu entdecken. Denn die Kirche in Deutschland muss sich fragen, ob sie den kairos dieses Pontifikats wirklich genutzt hat. Die deutsche Stunde der Kirche hat hierzulande nicht jeder schlagen hören.

Ratzinger: Das war für weite Teile der kirchlichen Öffentlichkeit ein rotes Tuch. Der empathielose Panzerkardinal eben - eine groteske Verzeichnung. Dabei war Joseph Ratzinger, ehe er Benedikt XVI. wurde, ein begnadeter Ausnahmetheologe, dem das allgemeinverständliche Wort zu Gebote stand. In einfacher, dennoch tiefer und eleganter Sprache vermochte er den Zeitgenossen Sinn und Vernünftigkeit des katholischen Glaubens zu vermitteln. Er erschloss den Europäern ihr eigenes Erbe wie kaum einer sonst. Die Gottesfrage und ihre Krise hat er in einer Radikalität wie wenige gestellt und sie als die Wurzel der Kirchenkrise benannt. Immer dachte er von der Mitte her, die Mensch und Kirche trägt: Gott, der sich in Christus finden lässt.

Überkommene Vorurteile, ideologische Scheuklappen und in manchen Fällen eine sprungbereite Feindseligkeit machten aber eine gesunde Rezeption der Glaubenspredigt Ratzingers nach der Wahl zum Papst vielfach unmöglich. Eine stark institutionalisierte, reiche, mit dem Staat eng verwobene Kirche verstand oft auch schlicht nicht, was dem aus ihrer Mitte stammenden Petrusnachfolger bewegte. Die kühlen Reaktionen auf Benedikts Freiburger Rede zur Entweltlichung machten dies besonders deutlich. Nicht um Rückzug aus der Welt ging es ihm. Sondern um ein sich Losmachen von ihr, um ihr danach noch viel uneingeschränkter dienen zu können. Aber es ist nie zu spät. Das Wort Joseph Ratzingers und Benedikts XVI. jedenfalls hat an Aktualität auch nach seinem Pontifikat nichts verloren.

Von Oliver Maksan

Der Autor

Oliver Maksan ist Chefredakteur und Geschäftsführer der Würzburger katholischen Zeitung "Die Tagespost".

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Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.