Bitte weiter einmischen!
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"Demokratie lebt von Beteiligung!" – Vermutlich hat auch Johannes Singhammer, Vizepräsident des Deutschen Bundetages, diese Formel schon häufig benutzt. Damit ist mehr als die Beteiligung an Wahlen gemeint. Demokratie lebt vom Wettbewerb der Gestaltungvorschläge für ein gerechtes Gemeinwesen. Offensichtlich aber gehen dem CSU-Politiker manche Aktivitäten der Kirche dabei zu weit. In einem Beitrag für die ZEIT hat er etliche Grenzüberschreitungen aufgelistet. Was ihm missfällt, ist ihr Auftreten als "Kombattant in der politischen Meinungsbildung". Und besonders ärgert ihn, dass die Kirche als Meinungsbildner agiert, "der nie beabsichtigt, sich freien und gleichen und geheimen Wahlen zu stellen."
Johannes Singhammer vertritt eine bemerkenswert merkwürdige Auffassung. Für ihn sind zwar alle Bürger/innen zur demokratischen Meinungsbildung berufen. Aber nur wenige sind auserwählt, diese Berufung auch auszuüben. Nur wer dazu gewählt wurde oder bereit ist, sich zur Wahl zu stellen, besitzt für ihn offenkundig die hinreichende Legitimation. Das Grundgesetz sieht solche Hürden nicht vor. Es weist den Parteien lediglich ein Mitwirkungsrecht bei der politischen Willensbildung des Volkes zu (GG Art. 21. Abs. 1). Um es dieses Recht auszuüben, muss man nicht Parteimitglied, Mandatsträger oder Parlamentspräsident sein.
Wenn sich Bischöfe, Vertreter des ZdK oder Mitglieder von Pax Christi in die Politik "einmischen", äußern sie sich als stimmberechtigte Akteure der Zivilgesellschaft und nehmen ein demokratisches Grundrecht in Anspruch. Was man von ihnen im Unterschied zu anderen Aktivisten erwarten darf, ist der Verzicht, lediglich Partikularinteressen zu vertreten. Entscheidend christlich ist es, für das einzutreten, was über alle Einzelinteressen hinaus alle Menschen eint und in Anspruch nimmt. Lobbyisten wollen davon nichts wissen. Sie haben den Begriff "Gemeinwohl" verabschiedet und durch "Systemrelevanz" ersetzt. Viele Politiker kommen ihnen dabei entgegen und verstehen ihre Aufgabe nur noch als Aushandeln von Kompromissen, die systemrelevante Einzelinteressen befriedigen. Außerhalb der Kirchen gibt es aktuell nur wenige Akteure, die (globale) Gemeinwohlbelange vertreten. Solange dies der Fall ist, begrüße ich kirchliche Wortmeldungen zur Energiewende, zur Flüchtlingskrise und zu Rüstungsexporten.