Christoph Strack über die Diskussion um das Verständnis von "Amoris Laetitia"

Das Poltern der alten Kirchenmänner

Veröffentlicht am 01.12.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Christoph Strack über die Diskussion um das Verständnis von "Amoris Laetitia"

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Für vatikanische Verhältnisse rappelt es gerade ziemlich im Karton. Die Diskussion um das Verständnis von "Amoris Laetitia", dem päpstlichen Schreiben zur Liebe in der Familie, sorgt für ungewohnt klare Worte. Die jüngste Eskalationsstufe benannte nun der Dekan der römischen Rota, Pio Vito Pinto. Er warf vier Kritikern des päpstlichen Kurses – Geistlichen im Kardinalsrang - vor, für "Skandal" zu sorgen.

Es ist ein Skandal auf Kosten des Papstes, angestoßen von vier einschlägig bekannten Kardinälen. Die beiden Deutschen Joachim Meisner und Walter Brandmüller, der US-Amerikaner Raymond Leo Burke sowie der Italiener Carlo Caffarra (drei von ihnen wurden übrigens von Papst Benedikt ins Kardinalskollegium berufen) sind in Sorge, ob Franziskus eine Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen in Ausnahmefällen für möglich erachte.

Pinto schloss sogar einen Entzug der Kardinalswürde nicht aus. Alle Wette, dass Papst Franziskus einen solch gravierenden Schnitt nicht setzen wird. Er will, so wirkt es, eine weite Gemeinschaft der Flügel in der Kirche. Auf Maßregelung missliebiger Stimmen setzten eher seine Vorgänger. Nein, Papst Franziskus, der mit durchaus spontanen Äußerungen ja gelegentlich für Aufsehen sorgt, wird das aushalten. Denn letztlich fällt das Poltern der alternden Kirchenmänner auf sie selbst zurück. Nur auf sie selbst.

"Klarheit schaffen" – so betitelten sie ihr Mitte November bekanntgewordenes Schreiben, in dem sie sich kritisch mit Aussagen dieses Papstes zu Ehe und Familie befassten. Und der so Kritisierte? Der Papst beklagte in einem Ende Oktober (da lag dem Papst das Schreiben von Meisner & Co schon vor) geführten und nun veröffentlichten Gespräch ein Schwarz-Weiß-Denken in moralischen Fragen. Eine solche Strenge in der Kirche mache ihm "Angst". "Wir riskieren, uns an ein Schwarz-Weiß-Denken zu gewöhnen. Wir sind dem Unterscheiden gegenüber ziemlich verschlossen", so der Papst. Er forderte eine stärkere Berücksichtigung des Einzelfalls.

Es ist die Antwort auf die Kritiker mit klarer Kante. Seelsorge und Lehre müssen, wenn sie das Leben berühren wollen, weg vom Schwarz-Weiß-Denken. Zu viele Kommentare der vergangenen Tage hängen diesen Schubladen noch nach. Wohlgemerkt: All das spricht nicht gegen offene Diskussion – sie gehört ja neuerdings wieder zur katholischen Kirche. Aber der Ton macht die Musik.

Von Christoph Strack

Der Autor

Christoph Strack ist stellvertretender Leiter des Hauptstadtstudios der Deutschen Welle.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.