Kurt Gerhardt über die Kommunikation in der Kirche

Keine Erklärungen und schlechte Predigten

Veröffentlicht am 08.04.2016 um 00:01 Uhr – Von Kurt Gerhardt – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Kurt Gerhardt über die Kommunikation in der Kirche

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Meine Tochter, die Gottesdienste nur selten besucht, war in einer Kölner Ostermesse, weil sie die Taufe eines muslimischen Arbeitskollegen miterleben wollte. Aus demselben Grunde waren auch eine evangelische und eine atheistische Kollegin dabei. Sie erzählte mir hinterher, der Pfarrer habe seine Sache gut gemacht, es sei eine schöne Feier gewesen, die sich übrigens speziell an junge Menschen wandte... Aber eines habe sie doch sehr irritiert, und noch mehr ihre beiden Kolleginnen. Die Texte, die in der Messe vorgetragen wurden, seien zum Teil "abartig" gewesen.

Gemeint waren Exodus-Zitate wie jenes, nach dem der "Herr der Heere" die Streitmacht des Pharaos ins Meer geworfen habe: "Sie sanken zur Tiefe wie Steine. Deine Rechte, Herr, ist herrlich an Stärke, sie zerschmettert den Feind." Ein so grausamer Gott werde den Menschen in einem Auferstehungsgottesdienst präsentiert, der doch von Worten der Freude und des Friedens geprägt sein sollte? Der Einwand ist berechtigt. Denn in der Tat, glauben wir mit solchen Texten aufgeweckte und kritische junge Menschen für die Kirche gewinnen zu können? Das Gegenteil ist der Fall; sie wenden sich ab.

Wenn solche Bibelworte erläutert würden, könnte man darüber reden. Aber wann passiert das? Selten bis gar nicht. Kein Messtext ist vom Denken und von der Sprache der meisten Gottesdienstbesucher so weit entfernt wie die Lesungen aus dem Alten Testament; mit anderen Worten, bei diesen wäre der Erklärungsbedarf am größten. Aber ausgerechnet sie werden von den Zelebranten am wenigsten erläutert, in aller Regel jedenfalls. Den interessierten Messbesuchern gegenüber ist das kein freundliches Verhalten; es ist unzulängliche Kommunikation. Können wir uns das erlauben?

Womit ein größeres Thema eröffnet wäre. Man kann oft den Eindruck haben, dass die Kirche beim Thema "Kommunikation" noch nicht auf der Höhe der Zeit angekommen ist. Ihr Umgang mit Sprache lässt häufig zu wünschen übrig. Viele in Gottesdiensten gesprochene Worte erreichen die Hörer nicht. Es wird zu leise oder undeutlich gesprochen. Zelebranten sprechen oft nicht zum Volk, sondern vor sich hin, sie "verkünden" nicht. Es wird gegen den Sinn phrasiert und betont. Das Vokabular ist unpassend; besonders in Kindergottesdiensten kann man das beobachten. Und schließlich wird zu oft einfach zu schlecht gepredigt.

Ohne schriftliche Hilfen zu predigen ist eine hohe Kunst. Wer sie nicht beherrscht, sollte keinem falschen Ehrgeiz frönen und lieber mal aufs Papier gucken, statt ins Fabulieren zu gleiten und ohne Zusammenhang von einem Gedanken auf den anderen zu springen. Unsere protestantischen Glaubensbrüder und -schwestern sind da von anderem Schlage. In puncto Sprache wäre ich gern evangelisch.

Der Autor

Kurt Gerhardt ist ehemaliger WDR-Redakteur und sitzt im Vorstand des Katholikenausschusses der Stadt Köln.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.
Von Kurt Gerhardt