Lehramt für den kleinen Mann
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Mit seinem jüngsten Schreiben hat Papst Franziskus wieder einmal unter Beweis gestellt, dass er zu den lesenswertesten Autoren der vergangenen Jahre zählt. Seine Exhortation "Gaudete et exsultate" reiht sich nahtlos ein in die Reihe größerer Schriften, die in keinem katholischen Bücherregal fehlen sollten. Wenn Franziskus zur Feder greift, notiert er zwar in der Regel keine revolutionäre Theologie. Dafür schafft er es, bestehende Lehre in Worte zu packen, die jeden packen – und die auch jeder versteht.
Zugegeben, manch einer wird sich noch daran gewöhnen müssen, in päpstlichen Schreiben geduzt zu werden. Aber Franziskus verfehlt seine Wirkung damit nicht: Man verspürt nach der Lektüre von "Gaudete et exsultate" eine regelrechte Lust aufs heiligmäßige Leben. Bestärkt wird der Gläubige noch durch das Grundthema dieses Pontifikats, wonach der Kirche nichts Menschliches fremd sein soll. Dass auch ein Stolperer den Menschen näher zu Gott bringen kann, ist für viele eine neue Perspektive.
Neu ist allerdings auch, dass Franziskus sich sein eigenes Schreiben von der Glaubenskongregation theologisch vorbereiten lässt. Mit "Placuit Deo" hatten die Glaubenshüter Anfang März einen dogmatischen Unterbau für Franziskus' eher pastorales Schreiben hergestellt. Das ist ein überaus kluges Vorgehen. Franziskus ist selbst nicht der, von dem man die Aburteilung einer Häresie erwarten würde. Zudem haben seine Vorgänger gerade durch ihre harte theologische Kante zuweilen den Kontakt zu manchen Gläubigen verloren.
Franziskus ist nicht der Papst, der das Lehramt maßgeblich vorantreibt. Das verschafft ihm in bislang eher kritischen Kreisen Sympathien. "Gaudete et exsultate" dürfte dazu seinen Beitrag leisten. Zugleich macht das Schreiben aber auch klar, dass dieser Papst nicht als einer in die Geschichte eingehen möchte, der die Lehre außer Acht gelassen hätte. Franziskus zeigt einmal mehr seinen gekonnten Mittelweg: Immer auf Linie mit dem Lehramt aber so, dass ihn auch wirklich jeder Katholik gehen kann.