Felix Neumann über Religionsfreiheit und Burkinis

Was uns von Saudi-Arabien unterscheidet

Veröffentlicht am 29.08.2016 um 00:01 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Felix Neumann über Religionsfreiheit und Burkinis

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Uniformierte Beamte setzen Kleidungsvorschriften durch und nötigen Frauen, die sich falsch anziehen. Solche Bilder kennt man aus Saudi-Arabien oder aus dem Iran – wo der Islam, Religion, die Staatsideologie ist. Aber es ist der Strand von Nizza. Frankreich – wo die Laizität, keine Religion, die Staatsideologie ist.

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Der Staatsrat, das oberste Verwaltungsgericht Frankreichs, hat am Freitag den Burkini-Bann einer Stadt aufgehoben, die anderer Städte dürften bald fallen. Hoffentlich bleiben solche Bilder wie in Nizza damit bald aus. Was das Urteil aber nicht eindämmen kann: Das zunehmende Unverständnis für Menschen, die aus religiösen Gründen anders als die Mehrheit handeln.

In einem Interview rechtfertigt der stellvertretende Bürgermeister von Nizza, Rudy Salles, die rabiate Durchsetzung des noch gültigen Verbots. Man sei nun einmal am Strand, und da trage man eben Badekleidung. Jeder könne seine Religion ausüben, aber "zu Hause, in der Kirche, nicht auf der Straße". Das gelte im übrigen auch für den Habit von Ordensfrauen.

Die Frage, wieviel Religion in der Öffentlichkeit erlaubt ist, trifft heute hauptsächliche konservative Muslime. Die Äußerungen in Frankreich zeigen aber, wohin der laizistische Tugendfuror deutet: Eine eklatante Beschneidung der Religionsfreiheit. Religionsfreiheit wird nur noch negativ verstanden: Als Recht, von Religion unbehelligt zu bleiben. Religionsfreiheit ist aber mehr: Positive Religionsfreiheit – das Recht, den Glauben frei zu leben als einzelner wie in der Glaubensgemeinschaft. Ein Menschenrecht, das im Konfliktfall nicht unter die Räder kommen darf, sondern gegen andere Grundrechte abgewogen werden muss.

Das betrifft uns Christen. Die Ordensleute im Habit, die Priester im Kollarhemd, aber auch jeden einzelnen, der ein Kreuz tragen will oder zu Fronleichnam an einer Prozession teilnehmen möchte. Das betrifft religiöse Menschen überhaupt: Ob Kippa oder Turban – alles unerwünscht. Der aussichtsreiche Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy will Religion zudem auch aus Privatunternehmen verbannen. Was bedeutet das für Ärztinnen und Pfleger, die sich nicht an Abtreibungen beteiligen wollen? Für koschere Supermärkte und Halal-Metzger?

Die Religionsfreiheit schützt insbesondere auch die Ausübung von Religion, die der Mehrheitsgesellschaft unverständlich, fremd, suspekt, manchmal sogar abstoßend und unmoralisch erscheint. Das sollte freiheitliche Gesellschaften vom Iran oder Saudi-Arabien unterscheiden. Und nicht, ob wir Frauen nötigen, mehr oder weniger anzuziehen.

Von Felix Neumann

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