Wer ist schuld?
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Die kirchliche Jahresstatistik ist keine Neuigkeit mehr, aber eine Zahl wird dennoch weiter heiß diskutiert: die der Neupriester. Nur 58 Männer haben im Jahr 2015 in Deutschland die Priesterweihe empfangen. Eine alarmierende Zahl, die allerdings nicht wirklich überrascht. Denn bereits seit 2007 hat man die Marke von 100 Weihen pro Jahr nicht mehr überschritten.
Doch woran liegt das? Alexander Kissler vom Magazin "Cicero" behauptet, dass der Priestermangel gewollt sei, um ein neues Modell von Kirche, das der "Partizipation", auf den Weg zu bringen. Diese Schlussfolgerung ist natürlich blanker Unsinn. Ursache und Wirkung werden hier bewusst vertauscht. Der Priestermangel war aufgrund sinkender Kandidatenzahlen bereits lange vor der Erarbeitung neuer, teilweise aus der Not geborener Pastoralkonzepte absehbar. Hier wird also nur das ewige Klischee einer liberalen Kirche bedient, die rom- und lehramtstreue Priester aus dem Weg schaffen will.
Die Ursachen für den Priestermangel sind bei weitem komplexer. Priester fehlen, weil der Nachwuchs an Gläubigen fehlt. Und der wiederum fehlt aus den bekannten Gründen: Sei es das fehlende Verständnis für katholische Riten und Traditionen, die Diskrepanz zwischen eigener Lebenswelt und kirchlicher Lehre, der Missbrauchsskandal oder die Säkularisierung, die mit einem generellen Glaubensschwund einhergeht.
Während in Deutschland immerhin noch jeder zehnte Katholik am Sonntagsgottesdienst teilnimmt, geht die Zahl bei jungen Menschen quasi gegen Null. Woher also sollen die Berufungen kommen? Folglich taugen auch Maßnahmen wie die Lockerung des Zölibats oder die Einführung des Frauenpriestertums bestenfalls für kurze Zeit zur Linderung der Symptome. Doch die Ursache des Problems – das zeigt auch die Situation der evangelischen Kirche – wird dadurch nicht bekämpft.
Sicher ließen sich die ein oder anderen Stellschrauben drehen, um die Kirche auch für junge Menschen wieder attraktiver zu machen. Doch die "Schuld" für die sinkenden Priesterzahlen lässt sich weder den Bewahrern von Lehre und Tradition noch den potenziellen Reformern in die Schuhe schieben. Vielleicht sollte man sich stattdessen zusammenraufen und das machen, was die Kirche und ihre Gläubigen seit 2.000 Jahren tun: beten für neue geistliche Aufbrüche und neue Berufungen.