Ulrich Wastl untersuchte Vorfälle in (Erz-)Bistümern München, Köln und Aachen

Anwalt: Missbrauchsgutachten nicht in Juristendeutsch abfassen

Veröffentlicht am 20.06.2024 um 12:31 Uhr – Lesedauer: 

Rosenheim ‐ Die Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hat sich einen Namen mit Missbrauchsgutachten für mehrere Diözesen in Deutschland gemacht. Dabei durchlebten die Juristen auch selbst einen Lernprozess.

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Gutachten über sexuellen Missbrauch brauchen nach Ansicht des Münchner Anwalts Ulrich Wastl eine andere sprachliche Form. "Wir können über so eine Sache nicht mehr im bloßen Juristendeutsch reden. Das ist eine Verhöhnung der Betroffenen." Zu dieser Überzeugung seien er und seine Kollegen von der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) in München im Laufe der Zeit gekommen, sagte Wastl am Mittwochabend in Rosenheim. Dafür seien die Juristen auch angegriffen worden.

Wastls Kanzlei hat mehrere Gutachten zum Missbrauch in der katholischen Kirche, unter anderem in der Erzdiözese München und Freising, im Erzbistum Köln und im Bistum Aachen, erstellt. Der Lernprozess habe für sie als Juristen darin bestanden, einen Perspektivwechsel zu machen, führte Wastl weiter aus: "Uns sind auf einmal die ganzen anderen Gutachten, die wir so gelesen haben, auf den Senkel gegangen." Denn die Betroffenen seien zum Objekt einer wissenschaftlichen Betrachtung geworden, samt aneinandergereihter Fallzahlen. Daher habe seine Kanzlei sich entschieden, künftig Bewertungen vorzunehmen.

Immer noch Gräben in Gemeinden

Erschüttert zeigte sich Wastl vom Umgang mancher Pfarrgemeinden mit dem Thema. Selbst wenn der Missbrauch durch einen Seelsorger nachgewiesen sei, führe dies dort zu tiefen Gräben. Sogar Jahrzehnte später würden die Leute aufeinander schimpfen. "Das ist für mich ein totales Versagen der Seelsorge", sagte der Anwalt dazu. Die Diözesanleitung müsse dafür sorgen, dass Gespräche zwischen den Menschen in Gang kämen. Dabei könne es ratsam sein, auch externe Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Der Jurist ging auch auf jüngst bekanntgewordene Anerkennungsleistungen im sechsstelligen Bereich für Missbrauchsbetroffene ein. Dabei handle es sich um Schmerzensgeld für immateriellen Schäden. In 19 von 20 Fällen zeigten die Akten zerstörte Biografien. Das fange schon damit an, dass wegen der Geschehnisse viele Betroffene trotz vorhandener Anlagen keine adäquate Ausbildung hätten machen können. Wastl äußerte sich bei einer Podiumsdiskussion, die vom Betroffenbeirat der Erzdiözese München und Freising veranstaltet wurde. (KNA)