Standpunkt

Die Kirche – Randphänomen oder Leuchtturm?

Veröffentlicht am 25.06.2024 um 00:01 Uhr – Von Werner Kleine – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Kirche muss gar nicht mehr an die Ränder gehen, schreibt Werner Kleine: Sie ist längst zu einem Randphänomen geworden. Auch Leuchttürme sind gewissermaßen Randerscheinungen, geben aber Orientierung. Die Devise lautet also: das Licht einschalten.

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Die Kirche soll zu den Rändern gehen – das zumindest ist der Wunsch von Papst Franziskus. Weit bewegen muss sich die Kirche da oft nicht mehr. Die Kirche ist längst zu einem Randphänomen geworden. Der gesellschaftliche Relevanzverlust ist konfessionsübergreifend nicht zu leugnen. Selbst die kirchenintern mit Verve geführten Diskussionen um die von vielen, die den Glauben praktizieren, als dringend notwendig empfundenen Reformen sind in den Medien – wenn überhaupt – nur eine Randnotiz wert. Die Kirche muss also nicht an die Ränder gehen; sie steht schon dort.

Das ist zweifellos nicht das, was Papst Franziskus meinte. Er hatte die sozial randständigen Menschen im Blick. Tat geht immer noch vor Wort! Aber auch hier ist die Konkurrenz mittlerweile groß. War die tätige Nächstenliebe in früheren Zeiten vielleicht ein Alleinstellungsmerkmal der Kirche, bewegt sie sich hier mittlerweile in einem Feld mit vielen Konkurrenten.

Was der Welt von heute wieder zu fehlen scheint, ist eine umfassende Orientierung. Die Kriege der Gegenwart, die unübersehbaren Spaltungen in der Gesellschaft, das immer deutlicher zu Tage tretende Unvermögen, einen zukunftsweisenden gesellschaftlichen Diskurs zu führen, der von Respekt, Fehlerfreundlichkeit und Wahrheitsliebe geprägt ist, verlangt eigentlich nach jenem Lichtstrahl, der den im Dunkeln Tappenden jenen Richtungshinweis geben könnte, wie es die Aufgabe von Leuchttürmen ist. Die stehen auch am Rand des Meeres wie des Landes – und sind gerade deshalb in der Lage den Weg zu weisen.

Vielleicht könnte man auch hier von Israel lernen, jenem Volk, das schon so viele Katastrophen, Exile und Verluste erleiden musste und überlebt hat. Die Urgeschichte dieses Volkes, die Exoduserzählung, stiftet bis heute Identität und gibt Weisung. Welche Geschichte aber trägt die Kirche, wenn nicht das Evangelium von Jesus, dem Christus, der für die, die an ihn glauben, das Licht der Welt ist? Warum nur erzählen wir diese Geschichte nicht mehr in Wort und Tat! "Verkünde das Wort, tritt auf, ob gelegen oder ungelegen, überführe, weise zurecht, ermahne, in aller Geduld und Belehrung!" heißt es in 2 Tim 4,2. Leuchttürme stehen; sie sitzen nicht. Bei allem Respekt: Statt in Ausschüssen, Gremien und Arbeitskreisen zu sprechen, welche Lampe dort leuchten soll, würde es schon helfen, sie einfach anzuschalten.

Von Werner Kleine

Der Autor

Dr. Werner Kleine ist Pastoralreferent im Erzbistum Köln und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.