Emmaus-Bewegung kündigte einschneidende Konsequenzen an

Weitere Vorwürfe gegen französischen Armenpriester Abbé Pierre

Veröffentlicht am 06.09.2024 um 19:55 Uhr – Lesedauer: 

Paris ‐ Mitte Juli sorgten Enthüllungen über den populären Ordensmann Abbé Pierre über Frankreich hinaus für Entsetzen. Nun erhärten sich die Vorwürfe gegen die einstige nationale Ikone. Die von ihm gegründete Emmaus-Bewegung ergreift nun weitere Schritte.

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Gegen den als "Vater der Obdachlosen" bekanntgewordenen französischen Armenpriester Abbé Pierre (1912-2007) sind weitere schwere Vorwürfe erhoben worden.Die von ihm gegründete Emmaus-Bewegung veröffentlichte am Freitag neue Anschuldigungen, die seit Juli bei einer eigens eingerichteten Anlaufstelle eingegangen sind. Demnach wurden in den vergangenen Wochen mindestens 17 zusätzliche Zeugenaussagen gesammelt, die den katholischen Ordensmann belasten. Ihm werden sexuelle Übergriffe gegen Frauen und Minderjährige vorgeworfen.

Die Vorwürfe ähneln den Angaben zufolge den Aussagen, die bereits am 17. Juli von der internationalen und der französischen Emmaus-Gemeinschaft sowie der in Frankreich ansässigen Abbé-Pierre-Stiftung veröffentlicht worden waren. Damals ging es um sieben entsprechende Fälle.

Emmaus-Bewegung kündigte Konsequenzen an

Angesichts der sich erhärtenden Vorwürfe kündigte die Emmaus-Bewegung nun einschneidende Konsequenzen an: Der Name der Abbé-Pierre-Stiftung soll geändert werden, Emmaus Frankreich will den Gründernamen aus dem eigenen Logo streichen. Eine dem Gründer gewidmete Gedenkstätte im französischen Esteville bleibt geschlossen, bis Klarheit über die künftige Verwendung besteht. Zudem kündigte Emmaus International an, eine Expertenkommission ins Leben zu rufen. Sie soll die Missstände aufklären, "die es Abbé Pierre ermöglichten, über 50 Jahre lang so zu handeln, wie er es tat".

Die im Juli eingerichtete Anlaufstelle für Betroffene bleibt mindestens bis Ende 2024 geöffnet. "Wir bekräftigen unsere volle Unterstützung für die Opfer. Wir begrüßen ihren Mut und danken ihnen für ihr Vertrauen. Wir glauben ihnen und wir stehen zu ihnen", so die Organisationen der Emmaus-Bewegung in ihrer gemeinsamen Erklärung.

Bischöfe auf einem Platz
Bild: ©Bruno Levy/CIRIC/KNA

Auch die französische Bischofskonferenz drückte in einer Erklärung ihr Entsetzen aus und kündigte ihre Kooperation bei der Aufarbeitung an.

Auch die katholische Französische Bischofskonferenz brachte ihr Entsetzen über die neuen Enthüllungen zum Ausdruck. In einer Mitteilung sicherten die Bischöfe ihre volle Kooperation bei der Aufklärung der Vorwürfe gegen Abbé Pierre zu.

Priester galt in Frankreich lange als nationale Ikone

In Frankreich galt der Priester viele Jahre als eine Art nationale Ikone. Der Name, unter dem er bekannt wurde, stammt aus dem Zweiten Weltkrieg, als er in der Resistance Widerstand leistete gegen die deutschen Besatzer. Lange stand der Sozialaktivist auf Platz eins der beliebtesten Franzosen. Speziell für den linken Flügel des französischen Katholizismus war er "die" Identifikationsfigur.

Henri Antoine Groues, so der bürgerliche Name Abbé Pierres, hatte die Emmaus-Gemeinschaft 1949 gegründet. Sie setzt sich heute mit Hilfe zur Selbsthilfe in knapp 40 Ländern weltweit gegen Armut und Obdachlosigkeit ein. (KNA)