Die Sklaven-Provokation Jesu
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Impuls von Kaplan Christian Olding
Ich dachte mir, fange lieber klein an. Aber leider tut sich da nichts. Ich schaue meinen Kaffeelöffel lange und intensiv an, mit aller Konzentration und aller Überzeugungskraft; aber nein, er verbiegt sich nicht. Auch mein Füller auf dem Stapel Notizpapier will einfach nicht. Selbst mit vielen guten Worten lässt er sich nicht überreden, wenigstens ein kleines Stücken zur Seite zu rutschen. Die Richtung wäre mir sogar egal gewesen. Frustrierend!
Mein Glaube muss also definitiv noch kleiner sein als ein Senfkorn. Wie gut, dass es in unserem Pfarrgarten keinen Maulbeerbaum gibt. Bei dessen besonders tiefen Wurzeln würde ich kläglich versagen. "Und jetzt Jesus?" frage ich mich. Also nochmals ran an das heutige Evangelium und einen zweiten intensiveren Blick riskieren.
Wie gut, dass seine Belehrung noch einen weiteren Teil im Angebot hat. Doch Sklaventum, na ja... Wobei, eigentlich hat Jesus gar nicht so Unrecht. Wenn ich im Sommer an einer der vielen Autobahnbaustellen vorbeifahre und die Arbeiter in der glühenden Sonne zerfließen sehe, käme ich trotz großer Empathie nicht auf den Gedanken, als Autofahrer ihre Arbeit zu übernehmen, um ihnen einen Gefallen zu tun. Es ist eben ihr Job.
Gut. Mein Job als Gläubiger ist demnach, mich vollkommen abhängig von Gott zu machen, mit allem was ich bin. Wenn ER der Herr ist und ich der Sklave, heißt das auch, dass ich mit Tricksereien und Verhandlungstaktiken bei ihm nicht wirklich weiterkomme. Zweifel und Bedenken im Glauben sind demnach ebenso gewinnbringend wie die Widerworte eines Sklaven und unterstellen dem Herrn, dass er nicht weiß, was gut für mich ist. Und alles, was ich als Christ tue – beten, den Nächsten lieben wie mich selbst, Gutes tun – mache ich nicht, um von Gott eine Belohnung zu kassieren, sondern weil es mein Job ist.
Mit Blick auf meinen Löffel, den Füller und alle anderen Berge meines Lebens heißt das aber doch auch, dass ich mir nicht Gottes Kopf zerbrechen muss, ob mein Glaube wirklich groß genug ist für all die Herausforderungen. Vielleicht wird er das sogar nie sein. Aber das ist wohl gar nicht meine Angelegenheit. Mein Auftrag ist es nur, mich ganz von ihm abhängig zu machen und mich dann wie ein Sklave seiner Führung zu überlassen.
Zugegeben, das Sklavenbild schmeckt mir immer noch nicht ganz. Aber so ist Jesus eben, pointiert provozierend. Mit einem hat er Recht: Gott kann mir nur helfen, wenn ich mir wirklich helfen lassen will, wenn ich zugebe, dass ich ohne ihn nicht weiterkomme in meinem Leben, dass ich ohne ihn nur ein Getriebener meiner Fähigkeiten und Möglichkeiten bin. Die sind jedoch wirklich begrenzt und beschränkt. Da lohnt es, sich in seine Abhängigkeit zu begeben. Denn bei dem Herrn weiß ich wenigstens woran ich bin und was ich davon habe.
Aus dem Evangelium nach Lukas (Lk 17, 5-10)
In jener Zeit baten die Apostel den Herrn: Stärke unseren Glauben! Der Herr erwiderte: Wenn euer Glaube auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, würdet ihr zu dem Maulbeerbaum hier sagen: Heb dich samt deinen Wurzeln aus dem Boden, und verpflanz dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.
Wenn einer von euch einen Sklaven hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Nimm gleich Platz zum Essen?
Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich, und bediene mich; wenn ich gegessen und getrunken habe, kannst auch du essen und trinken. Bedankt er sich etwa bei dem Sklaven, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde?
So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.