900 Jahre Hilfe
Italienische Kaufleute hatten 1048 in Jerusalem eine Hospitalbruderschaft gegründet, um Pilgern und Kreuzrittern Schutz und Hilfe zu geben. Aus der Bruderschaft entwickelte sich im Laufe eines halben Jahrhunderts bis 1099 ein Orden. 1113 verlieh Papst Paschalis II. der "Bruderschaft vom Hl. Johannes dem Täufer" mit der Bulle "Piae postulatio voluntatis" Privilegien - und legte so den Grundstein für ein Imperium.
Malta als Lehen
Nach dem endgültigen Fall Jerusalems verschanzten sich die Ordensritter im 14. Jahrhundert zunächst auf Rhodos, ehe auch diese christliche Bastion 1522 an die Osmanen fiel. Zudem schloss sich ein Teil des deutsche Ordenszweigs, die sogenannte Balley Brandenburg, um 1540 der Reformation an. Aus ihr entwickelte sich der heutige evangelische Johanniterorden.
1530 bot der deutsche Kaiser Karl V. den Kreuzrittern Malta als Lehen an - deshalb die Bezeichnung Malteserorden. Bald entdeckten sie die Vorzüge des kargen Eilands zwischen Europa und Nordafrika mit seinem strategisch gut gelegenen Hafen. Von hier aus verteidigten sie das Christentum gegen das expandierende Osmanische Reich.
Eigenes Autokennzeichen, Briefmarke und Beobachterstatus bei der UNO
Doch Ende des 18. Jahrhundert wurde die Herrschaft des Ordens abrupt beendet: Napoleon nahm die Insel 1798 ein. Im Nachhinein erwies sich die Niederlage als Glücksfall: Die Ritter verzichteten auf jeden territorialen Anspruch und wählten 1834 Rom als Ordenssitz. Seit der Herrschaft über Rhodos und Malta fühlt sich der Orden jedoch autonom wie ein Staat und wird heute von rund 80 Ländern als Subjekt des internationalen Rechts anerkennt. Zu seinem Gebiet gehören rund 6.000 Quadratmeter exterritorialen Gebietes auf dem römischen Aventin. Damit ist der Orden der kleinste Staat der Welt - kleiner als der Vatikan: mit Autokennzeichen (SMOM), Briefmarken und Beobachterstatus bei der UNO, im Europarat und der EU-Kommission.
Von der Via Condotti aus koordiniert die Regierung des spendenfinanzierten Imperiums weltweit Hilfsprojekte. Hauptanliegen der Malteser-Ritter damals wie heute ist die "tuitio fidei et obsequium pauperum" - die Wahrung des Glaubens und die Hilfe für Bedürftige. Weltweit besitzen oder betreiben sie Kliniken, Altenheime, Notfallstationen und Sozialeinrichtungen.
Der Orden unterteilt sich in drei Stände, erkennbar an den unterschiedlichen Gewändern. Die Professritter legen die Gelübde Keuschheit, Gehorsam und Armut ab und wählen den Großmeister, der dem Rang eines Kardinals gleichgestellt ist. Es folgen die Obödienzritter und seit 1998 auch -damen; sie geloben lediglich Gehorsam gegenüber dem Großmeister. Dem dritten Stand gehören Damen und Ritter ohne Versprechen an, die sich zu christlicher Lebensführung verpflichten. Heute ist der Malteserorden mit seinen 13.500 Rittern und rund 80.000 freiwilligen Helfern in 120 Ländern eine der größten Hilfsorganisationen der Welt. Der Malteser Hilfsdienst versucht in Krisengebieten weltweit, Not zu lindern, engagiert sich aber auch in Deutschland.
Diakonische Aufgaben
Der evangelische Zweig, der Johanniterorden, konnte demgegenüber seinen Einfluss in den protestantischen Gebieten steigern; der brandenburgische Kurfürst wurde zum "Herrenmeister". Als Folge der Napoleonischen Kriege allerdings säkularisierte der preußische Staat 1810 auch die Güter des Johanniterordens, ehe König Friedrich Wilhelm IV. die Balley 1852 als geistlichen Orden wiedererrichtete. Er widmet sich seitdem diakonischen Aufgaben. Ihm gehören weltweit in 18 deutschen und fünf ausländischen Genossenschaften oder Kommenden 3.400 Ritter an. Der Johanniterorden trägt etwa Alteneinrichtungen und Krankenhäuser; parallel zum Malteser Hilfsdienst wurde die Johanniter-Unfall-Hilfe gegründet.
Von Karl Peters (KNA)