Kliniken sehen Abweisung von Vergewaltigungsopfer als Fehler

Ein Fehler

Veröffentlicht am 18.01.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Medizin

Köln ‐ Der Sturm der Entrüstung ist groß. Da wird eine junge Frau mutmaßlich mit K.o.-Tropfen betäubt, vielleicht vergewaltigt - und zu allem Unglück verweigern ihr dann noch zwei katholische Kliniken in Köln die Behandlung. In der Tat haben die Einrichtungen in Trägerschaft der Cellitinnen-Stiftung einen Fehler begangen.

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Geschäftsführer Andre Meiser bedauerte am Donnerstag vor Journalisten, dass die Kliniken die von der Notärztin erbetene Sicherung von gerichtsverwertbaren Spuren verweigert haben.

Beratung über "Pille danach" ist in Richtlinien vorgesehen

Der Klinik-Vertreter sprach von einem Missverständnis. Im November hatte die Ethik-Kommission beider Kliniken Handlungsempfehlungen herausgegeben, die unter anderem den Umgang mit Vergewaltigungsopfern regeln. Wie das Gesetz es vorsieht, sind auch in den katholischen Kliniken die körperlichen und seelischen Schäden zu behandeln und die Spuren für die Strafermittlung zu sichern. Und entsprechend den gesetzlichen Vorgaben sehen auch die Richtlinien der Kliniken eine Beratung der Patientin vor: über eine mögliche Schwangerschaft - und auch über mögliche Mittel dagegen wie die "Pille danach".

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Die Patientin solle "informiert" und "autonom" über weitere Schritte entscheiden, heißt es in den Empfehlungen. Abweichend von der Handhabung in anderen Häusern ist in den katholischen Einrichtungen allerdings der nächste mögliche Schritt - eine Verschreibung der "Pille danach" - untersagt. Weil diese eine befruchtete Eizelle und mithin ein menschliches Individuum töten soll, sieht die katholische Kirche darin eine Abtreibung, die sie ablehnt.

Geschäftsführer: Richtlinien gehen nicht auf Kardinal Meisner zurück

Das Verbot der "Pille danach" haben die behandelnden Ärzte in Köln offenbar als komplettes Nein zu einer Notfallbehandlung missverstanden, so Geschäftsführer Meiser. Er sprach von internen Kommunikationsproblemen und gelobte Besserung. Er widersprach der Darstellung, dass die Krankenhäuser ihre ethischen Richtlinien auf Initiative des Kölner Kardinals Joachim Meisner formuliert hätten. Überhaupt gibt es im Erzbistum Köln keine einheitliche Regelung über den Umgang mit Vergewaltigungsopfern, wie der Abteilungsleiter Krankenhaus beim Kölner Diözesan-Caritasverband, Peter Brüssel, betonte. In ihrer Praxis richteten sich die Kliniken nach den allgemeinen ethischen Grundsätzen der katholischen Kirche.

Das Eingangsportal des St. Vinzenz-Hospital in Köln.
Bild: ©dpa/Henning Kaiser

Das Eingangsportal des St. Vinzenz-Hospital in Köln.

Mit ihrem Nein zur "Pille danach" vertritt die katholische Kirche eine Position, die in weiten Teilen der Gesellschaft auf Unverständnis stößt. Denn damit mutet sie in letzter Konsequenz vergewaltigten Frauen zu, das in einem Gewaltakt gezeugte Kind auszutragen. Schon Papst Paul VI. legte in seiner Enzyklika "Humanae vitae" fest, dass die Abtreibung auch nach einer Vergewaltigung ein schweres sittliches Vergehen sei.

Vatikan: Gewalt gegen Frauen bekämpfen, statt Leben auslöschen

Der heutige Kardinal-Staatsekretär Tarcisio Bertone wandte sich vor fünf Jahren gegen die Forderung von amnesty international, vergewaltigten Frauen im Fall einer Schwangerschaft eine straffreie und sichere Abtreibung zu ermöglichen. "Man darf nicht das Leben als solches auslöschen, auch wenn es eine Frucht von Gewalt ist", argumentierte der zweite Mann der Vatikan-Hierarchie. Ebenso wenig gehe es an, "Morden andere Morde hinzuzufügen". Ungeborene seien "Personen, menschliche Subjekte mit aller ihrer Menschenwürde". Bertone betonte zugleich, dass man die Gewalt gegen Frauen bekämpfen müsse, besonders die "Unmenschlichkeit" von Vergewaltigungen.

Von Andreas Otto (KNA)