Politiker fordern Konsequenzen für katholische Kliniken

Kritik hält an

Veröffentlicht am 21.01.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Medizin

Bonn ‐ Die Abweisung einer offenbar vergewaltigten Frau durch zwei katholische Kliniken in Köln sorgt weiter für Diskussionen. Politiker von Union, SPD und Grünen drohten am Wochenende mit Konsequenzen für kirchliche Krankenhäuser.

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Der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn sagte der "Welt am Sonntag", wer das Opfer einer Vergewaltigung abweise, verletze grob seinen Versorgungsauftrag. "Solch ein Krankenhaus müsste man eigentlich vom Netz nehmen", fügte er hinzu. "Das wäre die richtige Strafe für so viel Unmenschlichkeit."

Forderung nach Sanktionen

Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sprach in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag) von einem "hartherzigen und erbarmungslosen" Verhalten. Die katholische Kirche habe sich mit der Zurückweisung der Frau keinen Gefallen getan. "Wenn sich das wiederholen sollte, müssen wir überlegen, ob die gynäkologische Notfallbetreuung überhaupt noch für katholische Krankenhäuser akzeptabel ist", warnte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

Nordrhein-Westfalens stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann (Grüne) sagte dem "Spiegel", die "skandalösen Vorgänge in Köln widersprechen eklatant dem christlich-sozialen Auftrag dieser Krankenhäuser". Die Schulministerin ist Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und will den Vorgang dort zum Thema machen. "Einer vergewaltigten Frau nicht zu helfen ist ein Verstoß gegen die Menschlichkeit. Damit schadet sich die Kirche insgesamt", sagte Löhrmann.

"Verstoß gegen den Versorgungsauftrag der Krankenhäuser"

NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) erwägt unterdessen Sanktionen, im Extremfall bis hin zur Streichung katholischer Kliniken aus dem Krankenhaus-Plan. "Wenn es die organisatorische Anweisung gegeben hat, vergewaltigte Frauen nicht zu behandeln, dann ist das ein Verstoß gegen den Versorgungsauftrag der Krankenhäuser", sagte Steffens dem "Spiegel".

Im Dezember hatte eine Notärztin in Köln versucht, die Spurensicherung bei einem mutmaßlichen Vergewaltigungsopfer in einem katholischen Krankenhaus vornehmen zu lassen. Zwei vom katholischen Cellitinnen-Orden getragene Kliniken verweigerten dies jedoch unter Hinweis auf ihre Ethikrichtlinien. Der Träger beider Einrichtungen entschuldigte sich vergangene Woche nach Bekanntwerden des Vorgangs und bezeichnete ihn als "Missverständnis". "Keine vergewaltigte Frau wird von uns abgewiesen", stellte Sprecher Christoph Leiden für die Zukunft klar. Abweichend von anderen Krankenhäusern ist allerdings in den katholischen Einrichtungen eine Verschreibung der "Pille danach" untersagt.

Neue Richtlinien wegen Abtreibungsgegnerin?

Der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtete am Samstag über neue Hintergründe des Falles. So soll sich zuvor eine Abtreibungsgegnerin in einer Notfallpraxis auf dem Gelände des St.-Vinzenz-Hospitals als Patientin ausgegeben und nach angeblichem ungeschütztem Sex die "Pille danach" verlangt und auch bekommen haben. Danach habe sie den Vorgang dem Erzbistum Köln gemeldet, so die Zeitung.

Sie beruft sich dabei auf den Sprecher der Cellitinnen, Christoph Leiden. Die Angst vor solch arglistiger Täuschung soll die katholische Krankenhaus-Stiftung der Cellitinnen dann mitbewogen haben, ihre Richtlinien für die Betreuung von Frauen mit Verdacht auf ungewollte Schwangerschaft neu zu fassen, folgert die Zeitung. Dies wies der Sprecher allerdings zurück. (KNA)