Retten Jugendliche die Kirche?
Ob bei Schützen- oder Kolpingjugend, der Katholischen Jungen Gemeinde oder der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg: In katholischen Jugendgruppen soll es Verantwortliche geben, die sich um Spirituelles kümmern. Diese geistliche Verbandsleitung wird vielfach nicht mehr von Pfarrern ausgeübt. Wie die Zusammenlegung von Gemeinden ist auch dies eine Auswirkung des Priestermangels. Also müssen Jugendliche und junge Erwachsene selbst ran – auch mit Hilfe des jetzt vorgestellten Handbuchs. Auf 263 Seiten geben verschiedene Autoren in Beiträgen Denkanstöße sowie inhaltliche und methodische Tipps für das geistliche Amt im Verband.
Zwar ist das Werk ein Produkt des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Köln, Priestermangel in der Jugendarbeit herrscht aber deutschlandweit, weiß der BDKJ-Bundesvorsitzende Dirk Tänzler zu berichten. Ein Problem möchte er darin aber nicht sehen. "Es ist eine Tatsache", sagt er und weiter: "Wenn Laien sagen, sie wollen Kirche gestalten, dann gehört das auch dazu."
Chance für junge Menschen
Ähnlich sehen das auch die Herausgeber. Zur Übernahme von Verantwortung und Leitung in den Verbänden gehöre auch die geistliche Komponente, sagt Peter Otten, einer der Herausgeber und geistlicher Leiter der Katholischen Jungen Gemeinde im Erzbistum Köln. Klar sei dies eine klassische Aufgabe für geweihte Leute, aber davon gebe es heute nun einmal weniger als früher.
Geistliche Leitung – von Männer und Frauen ausgeübt – sehen die Verbände als Chance für junge Menschen an und wissen sich damit in Einigkeit mit Karl-Heinz Wiesemann, dem Bischof von Speyer und Vorsitzende der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz. "Wir entdecken Charismen, die wir ohne den personellen Mangel in der Kirche vielleicht nie entdeckt hätten", sagte Wiesemann, als er vor einigen Tagen das Buch von den Kölnern überreicht kam.
Für Dirk Tänzler ist es wichtig, dass Laien als geistliche Leiter bischöfliche Anerkennung brauchen und verweist auf eine entsprechende Veröffentlichung der Deutschen Bischofskonferenz . "Ebenso dürfen sie nicht nur als Lückenfüller angesehen werden", so Tänzler weiter.
Für Pfarrer Franz Meurer tragen Jugendliche, die eine solche Aufgabe übernehmen, zur Rettung der Kirche bei. "Glaube ist ein Geschenk, das durch Kommunikation und Begegnung gegeben wird", sagt er. Das Handbuch sei für ihn eine "Anti-Sterbe-Versicherung" für die Kirche.
Ob das Werk oder andere Initiativen aus verschiedenen Teilen Deutschlands das leisten können, hängt zu einem Großteil davon ab, ob sich genug junge Menschen finden, sich die geistliche Leitung übernehmen wollen. Schließlich ist nicht jeder Pfadfinder und Jungschütze so fest im katholischen Glauben verwurzelt wie früher. In dieser Hinsicht machen sich auch Pfarrer Meurer nichts vor, findet aber zugleich: "Glaube ist auch in der heutigen Welt immer noch eine sinnvolle Option."
Von Christoph Meurer