Dialogfähiger geworden
Ebenso nannte Fürst erste Ergebnisse: So soll das Projekt "Gemeinde" die Pfarreien vor Ort stärken. Ein entscheidender Schritt dabei sei die Entlastung der Priester durch eine stärkere Beteiligung von Laien an der Gemeindeleitung. Dabei will Fürst seine "Spielräume so stark wie möglich ausnutzen". Er verwies auf eine Möglichkeit im Kirchenrecht, nach der ein Bischof geeignete Frauen und Männer in Rückbindung an einem Priester mit der Leitung einer Gemeinde beauftragen kann.
Weiter kündigte der Bischof an, Frauen weiter fördern und in Führungspositionen berufen zu wollen. Überlegungen für ein eigenständiges Diakoninnenamt nannte er "nicht zielführend". Forderungen nach der Weihe von Frauen zu Diakoninnen oder Priesterinnen seien vom weltweit geltenden Kirchenrecht ausgeschlossen. Fürst hält es aber nicht prinzipiell für ausgeschlossen, dass Frauen eine Diakonenweihe erhalten können. Dafür sei aber "die Zeit noch nicht reif".
Sensibler Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen
Zudem erinnerte Fürst daran, dass der Dialogprozess unter dem Leitwort "Glaubwürdig Kirche leben" nach dem Bekanntwerden von Fällen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Deutschland im Jahr 2010 zustande gekommen war. Die württembergische Diözese habe seitdem die Aufarbeitung etwa durch eine bereits 2002 gegründete Kommission sexueller Missbrauch verstärkt und den Schutz vor möglichen Übergriffen unter anderem durch die Anstellung einer Präventionsbeauftragten ausgebaut.
Erneut verlangte Fürst einen "sensiblen und differenzierten Umgang" mit wiederverheirateten Geschiedenen. Lösungen dafür sollten auf Ebene der Deutschen Bischofskonferenz entwickelt werden. So solle das kirchliche Arbeitsrecht in dem Sinne geändert werden, dass auch wiederverheiratete Geschiedene beschäftigt werden könnten.
Fürst betonte mit Blick auf Kritik an entsprechenden Überlegungen, die katholische Kirche Deutschlands bestehe nicht aus "theologischen Analphabeten". Es gelte, die Situation vor Ort zur Kenntnis zu nehmen.
Diözesanrat: Dialog muss weitergehen
Auch der Sprecher des Diözesanrates, Johannes Warmbrunn, verstärkte seine Forderungen nach weiterem Dialog. Die Kirche brauche mehr personale Nähe und lebendigen Austausch. Dies sei nicht möglich in großen geistlichen Zentren, sondern in überschaubaren Gemeinschaften vor Ort. "Sie sind die eigentlichen Seelsorgeeinheiten der Zukunft", sagte er. Um die Rolle des Kirchevolkes zu stärken, bedürfe es eines Ausbaus des Ehrenamtes. Dafür habe der Diözesanrat im vergangenen Haushalt eine Million Euro bereitgestellt.
Er teile den Schmerz jener Frauen und Männer, die zum priesterlichen Dienst berufen sind und denen der Weg dazu versperrt bleibe, sagte Warmbrunn. Indes werde es mit Blick auf den Zugang zum Weiheamt in absehbarer Zeit keine Änderungen geben. Umso mehr müsse das Thema Frauen in der Kirche intensiv weiter behandelt werden, im Interesse von Glaubwürdigkeit und Erneuerung.
Dies gelte auch für die Themen Pastoral für wiederverheiratete Geschiedene, konfessionsverbindend Verheiratete und für die kirchliche Sexualmoral. Sie müsse neu formuliert werden. "Es geht um ein ganzheitliches Verständnis von Liebe, Solidarität, Verantwortung und Gerechtigkeit", so Warmbrunn.
Im Laufe des zweijährigen Dialogprozesses fanden in der württembergischen Diözese rund 400 Veranstaltungen mit mehr als 12.000 Menschen statt. Fürst selbst nahm an 80 Treffen teil. (meu/KNA)