Auf dem Weg
Die katholische Kirche in Deutschland sieht sich mit ihrem Dialogprozess zur Zukunft auf dem richtigen Weg. Sowohl der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und Initiator der Gesprächsinitiative, Erzbischof Robert Zollitsch, als auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, zeigten sich beim dritten Dialogtreffen zufrieden mit dem bisherigen Verlauf. Unterschiedliche Auffassungen gab es indes zu der Frage der Umsetzung von Ergebnissen.
Da der als Folge des Vertrauensverlustes nach dem Missbrauchsskandal gestartete Prozess auf fünf Jahre angelegt ist, bildete das Stuttgarter Treffen als drittes die Mitte der Veranstaltungsreihe. Zollitsch und Glück nutzen den Freitagabend, um vor den rund 300 Teilnehmern - darunter 35 Bischöfe - eine Art Halbzeitbilanz zu ziehen.
Glück betonte, die Gesprächsinitiative habe eine integrierende Kraft entwickelt, nicht zuletzt, weil alles offen gesagt werden könne. Vertrauen sei gewachsen, zwischen Bischöfen und Laien gebe es eine große Übereinstimmung über die Situation der Kirche und die Notwendigkeit von Veränderungen. Laien würden nicht mehr als "querulatorische Reformkatholiken" gesehen.
Der ZdK-Präsident sieht sich ebenso wie der Bischofskonferenz-Vorsitzende durch den Papst aus Lateinamerika bestärkt. Franziskus sei der "große Wegbereiter einer angstfreien Kommunikation" in der Kirche. Zollitsch betonte, der ehemalige Erzbischof von Buenos Aires sei "ein Mann des Dialogs", und es gebe keinen anderen Weg als den des Gesprächs.
Gespräche alleine reichen nicht
Doch in Stuttgart wurde auch deutlich, dass Gespräche allein nicht reichen. Glück forderte greifbare Ergebnisse: "Es sieht gut aus zur Halbzeit, doch das Spiel ist noch nicht gewonnen." Als ein Schlüsselthema nannte er den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen. Er verlangte für sie "überzeugende Lösungen" im Sinne einer vollen Teilhabe am kirchlichen Leben. Katholiken, die nach einer Scheidung erneut heiraten, sind bisher nach dem Kirchenrecht vom Kommunionempfang und von anderen Sakramenten ausgeschlossen.
Als weiteres wichtiges Zukunftsthema bezeichnete Glück die Struktur der Gemeindeseelsorge. Für ihn stellt sich die Frage, ob die Kirche Wandel "gestalten oder erleiden" wolle. Zwischen Reformen und einer Vertiefung des Glaubens bestehe kein Gegensatz, so Glück. Vor den Delegierten erwiderte Zollitsch, es schmerze ihn, wenn von einer "Kultur der Folgenlosigkeit" gesprochen werde.
Damit griff der Erzbischof eine Formulierung Glücks auf. "Wir sind an den Fragen dran", so Zollitsch. Ein langer Gesprächsprozess brauche aber einen langen Atem. Dies gelte schon deshalb, weil viele Diözesen und Menschen mitgenommen werden müssten. Der eingeschlagene Weg sei lohnend und richtig: "Wir stehen zweifelsohne nicht mehr an derselben Stelle wie 2010." Doch "wir stehen auch noch nicht da, wohin wir wollen".
Liturgie im Mittelpunkt
Inhaltlich stand in Stuttgart die Liturgie im Mittelpunkt, nach kirchlicher Lehre einer der drei Grundvollzüge christlichen Lebens. Thematische Impulse und Arbeit in rund 40 Kleingruppen wechselten einander ab. Da ging es um die Vielfalt der Gottesdienstformen, die Feier der Sakramente wie Taufe, Ehe und Krankensalbung, die Gestaltung des am ersten Adventsonntag beginnenden Kirchenjahres, das Beten in der Gemeinschaft, um Pilgern, Wallfahrten, Auszeiten im Kloster. Bei alledem machten sich die Teilnehmer Gedanken darüber, wie eine zeitgemäße Gestaltung von Gottesdiensten aussehen kann.
Essens Bischof Franz-Josef Overbeck zweifelte in dem Zusammenhang am Sinn mancher Debatte über Nebensächlichkeiten. Kleriker könnten sich über die Frage nach der Gebetsrichtung "in Rage reden" und Laien "abendfüllende Diskussionen darüber führen, mit welchen Accessoires Kommunionkindern bestückt" werden müssten.
Overbeck sprach von einer Irrlehre der Inhaltlosigkeit, einer "Verfehlung des Wesenskerns des Gottesdienstes". Deutlich wurde in vielen Gesprächen der Wunsch nach lebendigen und authentischen religiösen Feiern, in denen die Lebenswirklichkeit der Menschen eine Rolle spielt.