Ein Hauch von Rom in Fulda
Und zuletzt scheint es für die 67 deutschen Kardinäle, Diözesan- und Weihbischöfe nur ein Gesprächsthema zu geben: Papst Franziskus. Der Name und die Anregungen des neuen Papstes waren nicht nur in den öffentlichen Ansprachen und Predigten der deutschen Oberhirten zu hören: In seinem Eröffnungsreferat mahnte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, eine bescheidene, barmherzige und mutige Kirche an, beim bischöflichen Aufruf an die Bundesregierung, mehr Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen , wurde an Franziskus‘ Lampedusa-Besuch und seine Gebetsinitiative für den Frieden erinnert.
Das aufsehenerregende jüngste Papst-Interview war aber auch hinter verschlossenen Türen ein Thema für die Bischöfe. "Der Heilige Vater hat sich in alle Beratungen eingestohlen", sagte der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki seinem früheren Kölner Bistumssender "domradio". Er habe noch keine Vollversammlung erlebt, in der der Papst so präsent gewesen sei.
Mehrere Minuten lang erzählte Jugendbischof Karl-Heinz Wiesemann in seiner Predigt am Donnerstagabend vom Weltjugendtag in Rio und den Anregungen des Papstes dort. In dem Zusammenhang dankte er auch den mehr als 125.000 Jugendlichen, die erstmals bundesweit die 72-Stunden-Aktion durchführten. Solch ein "Über-sich-hinaus-Gehen" in 4.000 sozialen Projekten könne wohl nur die Kirche mit ihrer Spiritualität und ihren Verbänden auf die Beine stellen. Und ein besonders von Franziskus beeindruckter Weihbischof verriet sogar, dass er demnächst einen kleineren Dienstwagen ordern wolle.
Verantwortung für den Weltbild-Verlag
Von den weiteren heißen Themen erfuhren die Journalisten nicht ganz so viel: Den ganzen Mittwochvormittag diskutierten die Bischöfe hinter verschlossenen Türen über den in Schwierigkeiten geratenen Weltbild-Verlag. Im Anschluss wurde lediglich berichtet, man sei sich der Verantwortung für das kircheneigene Unternehmen und für die rund 6.800 Mitarbeiter bewusst. Bei der Abschlusspressekonferenz sagte Zollitsch, dass das Unternehmen wegen des "drastisch anderen Kaufverhaltens" der Kunden vor allem in einen Onlinehandel umgebaut werden solle und dass "viele Entscheidungen" in den nächsten zwei Monaten gefällt werden müssten, da die Zeit dränge.
Auch das Thema Frauen in der Kirche - bei der Frühjahrsvollversammlung ausführlich diskutiert - wurde erneut von den Bischöfen in den Blick genommen. Sie sprachen sich für mehr Frauen in kirchlichen Leitungspositionen aus, die nicht an die Weihe gebunden seien. Konkret verständigten sich die Bischöfe in Fulda auf eine Selbstverpflichtung. Eine Frauenquote habe man damit zwar nicht eingeführt, so der Osnabrücker Bischof Bode , das Thema sei aber im Hinterkopf.
Spürbar war, dass ein Generationenwechsel ansteht: Der gesundheitlich angeschlagene Mainzer Kardinal Karl Lehmann (77) nahm nur am Dienstag und Mittwoch an der Versammlung teil. Und der Erzbischof von Köln, Kardinal Joachim Meisner (79) hielt seine wohl letzte Predigt vor seinen Kollegen in Fulda. Der dienstälteste deutsche Kardinal nutzte den Frühgottesdienst am Donnerstag um die Bischöfe zu "brüderlicher Kollegialität" aufzurufen. "Wir nennen uns zwar Mitbrüder, aber lassen den einen oder anderen allein, wenn er unter öffentlichen Druck gerät", sagte er wohl unter Anspielung auf den Bischof von Limburg. Zollitsch wiederholte am Freitag, dass er "aus kollegialer Solidarität" hinter Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst stehe und sicher sei, dass der Bischof mit seinen Gläubigen einen "vorwärtsweisenden Weg" finden werde.
Fulda als Ort eines bischöflichen "Vorkonklaves"?
Hinter den Kulissen beäugten sich die Bischöfe gegenseitig, denn die Wahl eines neuen Vorsitzenden steht bei der nächsten Versammlung in Münster an: Im Frühjahr endet die sechsjährige Amtszeit von Zollitsch. Dieser regte zu Beginn des Treffens an, die Wahl seines Nachfolgers in den Kontext einer breiteren Sachdebatte – ähnlich dem diesjährigen "Vorkonklave" zu stellen. Die Bischöfe sollten die Monate bis zur Wahl verstärkt zum Gespräch über die Stärken und Schwächen in der Bischofskonferenz nutzen, sagte Zollitsch. Danach gefragt, wo die Deutsche Bischofskonferenz in einem Jahr stehen werde, antwortete der scheidende Vorsitzende, dass sich auch auf sie die Dynamik, die Papst Franziskus in die Kirche bringe, positiv auswirken werde.
Von Agathe Lukassek