In der Warteschleife
In seiner letzten Weihnachtspredigt hatte der Oberhirte - als hätte er's geahnt - zu mehr Miteinander aufgerufen. "Wo Menschen voreinander die Türe zugeschlagen haben", sagte er damals, "schmerzen gerade am Weihnachtsfest die verschlossenen Türen in den Beziehungen." Das wird er in diesem Jahr wohl selbst spüren: 2013 fielen vor ihm krachend die Türen zu. Und die Chancen stehen schlecht, dass die Limburger sie ihm wieder öffnen.
Viele Gläubige, Mitarbeiter, führende Angehörige der Diözese sehnen nach Monaten der Krise einen Neuanfang herbei. Gebetsmühlenartig sprechen sie vom zerstörten Vertrauen in ihren Bischof, das bei aller (Nächste-)Liebe nicht mehr zu kitten sei. Tebartz-van Elst ist für sie nicht nur verantwortlich für die Kostenexplosion beim Bau seiner neuen Bischofsresidenz.
Schon lange vor Bekanntwerden der horrenden Summe - 31 Millionen Euro , mindestens - stand er wegen seiner Amtsführung am Pranger. Einen Amtsverzicht oder gar Rücktritt halten viele in der Diözese für angebracht.
Generalvikar geht von einer Rückkehr aus
Ob das auch der Bischof so sieht? Sein Stellvertreter in Limburg, Generalvikar Wolfgang Rösch , sagte Ende November, er gehe davon aus, dass Tebartz-van Elst zurückkehren möchte - weil er sonst zurückgetreten wäre. Vom Bischof selbst aber gibt es seit Wochen kaum ein Wort.
Der 54-Jährige hat sich aus der Öffentlichkeit völlig zurückgezogen, seit Papst Franziskus ihn Ende Oktober wegen der Finanzaffäre um den sündhaft teuren Bischofssitz in die Amtspause geschickt hat. Zuvor hatte er gesagt, er lege seine Zukunft in die Hände des Papstes.
Tebartz-van Elst schlüpfte zunächst im Kloster Metten in Niederbayern unter, wo er wohl über seine Situation grübelte. An ihm scheiden sich seit langem die Geister. Sein Amt übe er "autoritär, fast monarchisch" aus, sagte einmal der Kirchenrechtler Thomas Schüller über den 54-Jährigen. Fürsprecher betonen, der Bischof vom Niederrhein sei ein guter Zuhörer und ein hervorragender Theologe.
In der Praxis leistete sich Tebartz-van Elst aber jene symbolträchtigen Patzer, die ihm den Titel "Protzbischof von Limburg" einbrachten. Er flog erste Klasse zu den Armen nach Indien. Er baute für mindestens 31 Millionen Euro seine neue Residenz gegenüber dem Limburger Dom.
Die Vorwürfe gegen den Bischof reichen inzwischen von Verschwendung über Verschleierung bis hin zu Untreue - eine unerhörte Liste für einen Kirchenmann. Bewiesen ist aber kaum etwas: Die Staatsanwaltschaft prüft noch, ob an den Untreue-Vorwürfen etwas dran ist. Eine Kommission der Deutschen Bischofskonferenz nimmt die Kostenexplosion am Limburger Neubau unter die Lupe.
Problemfall für die gesamte Kirche
Erledigt ist nur das Verfahren wegen falscher eidesstattlicher Versicherung im Zusammenhang mit dem Indien-Flug - es wurde gegen Zahlung von 20 000 Euro eingestellt. Eine Schuld des Bischofs sei zwar festgestellt worden, aber eine Geldauflage reiche in diesem Fall aus, hatte die Staatsanwaltschaft Hamburg erläutert.
Die "Causa Tebartz" stürzt nicht nur das Bistum Limburg, sondern die katholische Kirche insgesamt in die Krise. Die Austrittszahlen steigen, die Rufe nach mehr Transparenz werden lauter. Erste Diözesen legen ihr Vermögen offen. Für Tebartz-van Elst und seine Kirche wird viel davon abhängen, zu welchem Ergebnis die Prüfer der Bischofskonferenz kommen - und wie offen dann damit umgegangen wird.
Das Ergebnis wird im neuen Jahr erwartet. Dann erst wird der Papst entscheiden, wie es weitergeht mit seinem Limburger Sorgen-Mann. Kommt ihm der Bischof vielleicht zuvor? So sicher wie das Amen in der Kirche ist derzeit nur eins: Solange kein endgültiges Wort über die Zukunft von Tebartz-van Elst gesprochen ist, verharrt das Bistum mit seinen 650 000 Katholiken in der Warteschleife.