Neben Ex-Staatssekretär Bertone haben andere Kardinäle Dienstwohnungen in Toplage

Aufregung um Appartement

Veröffentlicht am 23.04.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Kardinal Tarcisio Bertone.
Bild: © KNA
Vatikan

Vatikanstadt ‐ Der langjährige Bonner Nuntius und spätere Kurienkardinal Corrado Bafile ließ Besucher gern durch sein Arbeitszimmer auf die Terrasse treten. Dort öffnete sich ein atemberaubender Blick auf den Petersplatz und die Basilika mit der Kuppel Michelangelos. Eine Perspektive, die auch deutsche TV-Zuschauer genießen konnten, als der 2005 mit 101 Jahren verstorbene Kardinal die Location an einem Ostersonntag für eine TV-Sendung überließ.

  • Teilen:

Der Vatikan stellt Kurienkardinälen und -bischöfen Dienstwohnungen zur Verfügung, meist in Toplage. Die wenigsten befinden sich innerhalb des vatikanischen Staatsgebiets, sondern eher in nahe gelegenen Kurien-Palazzi an der breiten Via della Conciliazione oder gegenüber dem Sant'Anna-Tor. Dort wohnte früher Kardinal Joseph Ratzinger und heute sein Nachfolger als Präfekt der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller.

Die Wohnungen der Eminenzen und Exzellenzen sind in der Regel großzügig geschnitten, meist um oder über 200 Quadratmeter. Zum Vergleich: Die jetzt leerstehende Papstwohnung hat rund 400 Quadratmeter. In der Regel sind die Immobilien in gutem Zustand - und je nach Lage und Aussicht begehrt. Wohl auch ein gewisser Ausgleich dafür, dass die Dienstbezüge der vatikanischen Minister nur einen Bruchteil von denen ihrer säkularen Kollegen ausmachen.

Rauch aus einem Kamin am Wohnhaus der Glaubenskongregation. Im Hintergrund sieht man die Petersom-Kuppel.
Bild: ©katholisch.de

Rauch aus einem Kamin am Wohnhaus der Glaubenskongregation. Im Hintergrund die Petersdom-Kuppel.

Wo soll die Kapelle hin?

Bei Neubezug können die Mieter Renovierungswünsche bei den zuständigen Technischen Diensten des Vatikan äußern. Deren erste Frage, so erinnert sich ein Betroffener, laute meist, wo die Kapelle sein werde und wie viele Ordensschwestern oder Angehörige einzögen.

Derzeit sorgen Medienberichte über die künftige Wohnung des früheren Kardinalstaatssekretärs Tarcisio Bertone für Spekulationen und Verwunderung. Der seit September pensionierte Kardinal will zwei bisherige vatikanische Dienst-Appartements im Palazzo San Carlo - gegenüber der Tankstelle innerhalb der Vatikanmauern - zu einer neuen Großwohnung zusammenfassen. Nach unterschiedlichen Angaben handelt es sich um eine Fläche von 400 oder 600 Quadratmetern. Sie wird derzeit renoviert; danach will sie er der 79-Jährige dann mit zwei Schwestern beziehen. Bislang wohnt Bertone noch in der Suite des Apostolischen Palastes, die zugleich die Dienst- und die Wohnräume des Staatssekretärs bilden - und diese möchte möglichst bald der neue Amtsinhaber Kardinal Pietro Parolin vollständig nutzen.

Auch andere Kurienkardinäle betrieben Aufwand für Wohnungsgestaltung

Bertone steht mit seinen Wohnplänen durchaus in der Tradition seiner Vorgänger. Auch er wohnte ein Jahr provisorisch im Johannes-Turm an der Vatikanmauer, bis sein Vorgänger Angelo Sodano (1990-2006) die Dienstwohnung freimachte. Dieser ließ sich eine großräumige Wohnung samt Bibliothek im Äthiopischen Kolleg inmitten der Vatikangärten einrichten. Dort wohnte er zunächst neben dem US-Kardinal Edmund Casimir Szoka, dem Gouverneur des Vatikanstaates. Als der in die Heimat übersiedelte, wurde dessen Nachfolger Giovanni Lajolo Sodanos neuer Nachbar.

Das Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan
Bild: ©Gabriele Höfling/katholisch.de

Das neue Zuhause des emeritierten Papstes Benedikt XVI.: Das Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan.

Kaum weniger Aufwand betrieb Sodanos Vorgänger als Kardinalstaatssekretär, Agostino Casaroli. Für ihn wurde nach der Pensionierung 1990 unmittelbar neben dem Palazzo San Carlo ein Penthouse errichtet. Nach seinem Tod 1998 stand es mehrere Jahr lang leer, bis Kardinal Giovanni Battista Re, Leiter der Bischofskongregation, das begehrte Objekt bezog.

Für Bertone sollen nun zwei Appartements zusammengelegt werden, die bislang nicht als Kardinalswohnungen fungierten. Hier lebten früher der Chef der vatikanischen Gendarmerie Camillo Cibin und der Sekretär des Justizrates, Bischof Bruno Bertagna. Dass der Ex-Staatssekretär nicht einfach eine ihrer Wohnungen beziehen würde, folgt zwar der bisherigen Tradition. Allerdings hat sich mit dem Amtsantritt von Papst Franziskus im Vatikan einiges geändert. Der neue Papst fordert gerade von Klerikern einen nüchternen und bescheidenen Lebensstil. Und der Palazzo San Carlo liegt genau neben dem vatikanischen Gästehaus Santa Marta, wo Franziskus in einem Vier-Zimmer-Appartement von nicht mal 100 Quadratmetern arbeitet und wohnt.

Von Johannes Schidelko (KNA)