Patriarch Bartholomaios I. besucht die Deutsche Bischofskonferenz

Für den EU-Beitritt der Türkei

Veröffentlicht am 13.05.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © KNA
Ökumene

Bonn ‐ Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., hat sich für eine Aufnahme der Türkei in die EU ausgesprochen. Sie könnte eine gegenseitige Bereicherung sein, sagte das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christen weltweit am Dienstag in Bonn. Europa sei zwar christlich geprägt. Diese Werte seien jedoch so universell und zeitlos, dass auch ein nichtchristliches Land wie die Türkei sie mittragen könnte.

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Der Ökumene-Bischof Gerhard Feige schloss sich in einem Interview mit katholisch.de der Forderung Bartholomaios' an. Wie der Patriarch betonte aber auch der Magdeburger Bischof, dass zunächst die nötigen Bedingungen erfüllt sein müssten. Er würde sich wünschen, dass die Christen in der Türkei "wieder freier Atmen" könnten, fügte Feige hinzu.

Bartholomaios besuchte am Dienstag die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) in Bonn. Bei einem Gottesdienst in der Kapelle des Sekretariats rief Bartholomaios zur Versöhnung in der Welt auf und warnte vor Christenverfolgungen weltweit. "Die Gesellschaft in der ganzen Welt benötigt wie nie zuvor Dialog, Toleranz und Versöhnung. Insbesondere dieser Geist der Aussöhnung und der Vergebung ist erforderlich zwischen den Vertretern der christlichen Kirchen und der verschiedenen Weltreligionen", so Bartholomaios.

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Video: © katholisch.de

Ökumene-Bischof Gerhard Feige über den Besuch von Patriarch Bartholomaios I. und einen EU-Beitritt der Türkei.

Vorfreude auf Treffen mit Papst im Heiligen Land

Von seinem baldigen Treffen mit Papst Franziskus im Heiligen Land erwartet das orthodoxe Oberhaupt eine Vertiefung der schwesterlichen Beziehungen zwischen beiden Kirchen. Er glaube an den Wert von persönlichen Begegnungen, betonte der Patriarch. Wie ihre Vorgänger vor 50 Jahren, Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras I., wollen beide Kirchenoberhäupter in Jerusalem eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen.

"Wir beide möchten die Beziehung zwischen unseren Kirchen ausbauen und das Werk unserer Vorgänger fortsetzen", sagte er weiter. An die evangelischen Kirchen appellierte der Geistliche, den 500. Jahrestag der Reformation nicht nur zu feiern, sondern auch zur Selbstkritik zu nutzen. Die Christen müssten sich fragen, warum die Kirchen getrennt seien.

Im Gottesdienst erinnerte Bartholomaios an die christlichen Wurzeln Europas und mahnte, weiterhin die europäische Einheit zu suchen. "Europa hat zwei Möglichkeiten", so der Patriarch, "es kann christlich sein oder aufhören zu existieren." Inmitten einer Welt, die "aus kriegerischen Auseinandersetzungen und mörderischen Plänen nicht zum Frieden" finde, seien die Präsenz und das Zeugnis der Christen besonders bedeutsam. Bischof Feige würdigte seinerseits den "Dialog der Liebe und der Wahrheit", der zwischen katholischer und orthodoxer Kirche bestehe.

Besorgt über Christenverfolgung

Der Patriarch zeigte sich besorgt über die Situation der Christen weltweit, die "an vielen Orten einen erneuten Anstieg der Verfolgungen und des Martyriums erleben". Viele Christen würden heute Opfer vielfältiger Verfolgungen, "ja, sie werden sogar zum Tode verurteilt und hingerichtet, nur, weil sie es gewagt haben, ihren christlichen Glauben und ihre christliche Identität zu bekennen und zu bewahren." Jeder Form des unkontrollierten Gewaltausbruches müsse entgegen gewirkt werden, so der Patriarch. Christen dürften niemals in dieser Situation indifferent bleiben: "Deshalb ist es notwendig, dass wir unsere Kräfte bündeln, um, soweit dies möglich ist, ein weiteres Ansteigen der Gewalt und der Verfolgungen zu verhindern."

Bartholomaios hält sich seit Samstag in Deutschland auf. Der politische Höhepunkt der Reise steht am Mittwoch in Berlin an, wenn der Patriarch mit Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammentrifft. Anlass für den Besuch des Patriarchen in Deutschland ist das 50-jährige Bestehen der griechisch-orthodoxen Metropolie in der Bundesrepublik. Zu ihr zählen rund 500.000 Christen. Bereits vor 21 Jahren hatte er als erster Ökumenischer Patriarch Deutschland besucht. (luk/KNA)

Zur Person: Bartholomaios I.

Bartholomaios I. ist der griechisch-orthodoxe Patriarch von Konstantinopel. Als 270. Nachfolger des Apostels Andreas trägt er den Titel "Ökumenischer Patriarch", der ihn zum Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie mit ihren rund 300 Millionen Mitgliedern macht. Allerdings verfügt er mit diesem Ehrenamt über keinerlei Jurisdiktionsbefugnisse über die nationalen Kirchen. Der 74-Jährige ist ein weltweit anerkannter Theologe und Ökumeniker. Sein Bemühen gilt der Einheit der Weltorthodoxie und dem Dialog mit anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Mehrmals besuchte der Patriarch den Vatikan. Der promovierte Kirchenrechtler, der sieben Sprachen fließend spricht, ist ein vertrauenswürdiger Gesprächspartner für Islam und Judentum. Weltweite Anerkennung findet Bartholomaios I. auch für sein ökologisches Engagement, das ihm den Ehrennamen "Grüner Patriarch" einbrachte. Die türkischen Behörden erkennen weder den Titel des Ökumenischen Patriarchen noch jedwede gesamtorthodoxe Aufgaben des Patriarchates an. Sie sehen in Bartholomaios I. lediglich den obersten Seelsorger der wenigen tausend in der Türkei verbliebenen griechisch-orthodoxen Christen. Während deren Zahl stetig sinkt, sind dem Patriarchat jedoch direkt rund 3,5 Millionen Gläubige in Teilen von Griechenland sowie in der Diaspora in Nord- und Südamerika, Mittel- und Westeuropa sowie in Australien unterstellt. (KNA)