Achtung, falscher Bischof!
Er gab sich als brasilianischer Bischof aus, wie die Polizei berichtet, und zelebrierte die Messe mit. Es war der vorerst letzte Auftritt jenes Mannes, der derzeit als falscher Kardinal über die Grenzen Bayerns hinaus für Aufsehen sorgt.
Wolfgang Sch. ist offenbar Profi, wenn es darum geht, den Habitus kirchlicher Würdenträger zu imitieren. Nicht nur sein Outfit scheint immer wieder zu überzeugen. Auch sonst legt der Hochstapler profunde Kenntnis der Materie an den Tag. In Polling soll er am Altar nur in wenigen Details Fehler gemacht haben. Während seiner langen Zeit im Ausland seien eben einige Dinge in Vergessenheit geraten, führte der falsche Bischof aus.
Auch im Würzburger Domladen, bei seinem ersten Auftritt in Bayern, stellte er sich als Odilo Scherer vor. Den deutschstämmigen Kardinal gibt es tatsächlich in Brasilien. Selbst der Bauskandal im Bistum Limburg ist Sch. nicht fremd - im Auftrag von Papst Franziskus solle er dort nach dem Rechten sehen, behauptete er. Die Lateinamerika-Referentin des Ordinariats stellte den Hochstapler mit einem Foto des echten Kardinals. Wolfgang Sch. flüchtete. In einem ICE brach er später zusammen, es folgten ein Krankenhaus-Aufenthalt und ein Ermittlungsverfahren.
Auch in Brasilien polizeibekannt
Polizeibekannt ist der falsche Geistliche mit Hang zu hohen Ämtern auch in Brasilien. Bei verschiedenen katholischen Institutionen war er dort vorstellig geworden, teils als Bischof von Osnabrück, teils als "Bruder Andre Kardinal von Hohenzollern" und Mitglied des Kartäuserordens . In dem südamerikanischen Land las Wolfgang Sch. ebenfalls Messen, nahm Gläubigen die Beichte ab. Ende November schließlich wurde er nach Deutschland abgeschoben.
Der falsche Hirte ist kein Einzelfall. Experten gehen weltweit von bis zu 1.000 "episcopi vagantes" (vagabundierenden Bischöfen) sowie der von ihnen "geweihten" Priester und Diakone aus. Immer wieder warnen Diözesen davor, dennoch kommen die Hochstapler mit ihrer Masche durch - wie beim Weltfriedenstag der Soldatenseelsorge. Da stand in einem bayerischen Dom ein falscher Geistlicher mit einem Bischof am Altar. Es könnte ja ein Militärseelsorger sein, mögen sich die Ortsgeistlichen gedacht haben.
Lizenz zum Zelebrieren
Dabei bräuchten sie nur nach dem sogenannten Zelebret zu fragen, der Lizenz zum Zelebrieren. Diese Bescheinigung wird vom jeweiligen Ortsbischof oder Abt eines Klosters ausgestellt. Das Kirchenrecht stellt im Kanon 903 eindeutig fest, dass ein ortsunbekannter Priester ein solches Beglaubigungsschreiben für die Feier der Messe vorzulegen hat. Noch heute ist das Zelebret etwa bei Militärseelsorgern, im Falle von Urlaubsvertretungen oder bei Katholikentagen von Bedeutung.
Nicht ohne Grund weist nun auch die Diözese Augsburg auf dieses Dokument hin. Zu ihr gehören die Gemeinden Polling und auch Weilheim, wo der falsche Kardinal bei einem Pfarrer übernachtete. Werde er wieder vorstellig, sollten die Pfarreien sofort die Polizei verständigen, sagt Sprecher Karl-Georg Michel.
Den bayerischen Ordnungshütern ist Wolfgang Sch. gut vertraut. Es laufen mehrere Ermittlungsverfahren wegen des Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen, zuletzt nach der Nacht in Weilheim. Nach jedem Besuch auf der Wache durfte der falsche Kardinal bislang aber wieder ziehen. Schließlich sei die öffentliche Sicherheit nicht massiv gefährdet, hieß es.
Kirchliches Urteil bereits gefallen
Während die weltliche Gerichtsbarkeit den Fall noch nicht zu den Akten gelegt hat, ist das kirchliche Urteil schon gefallen. Denn wer als Nicht-Geweihter die Messe feiert, ist nach dem Kirchenrecht mit dem sogenannten Interdikt belegt, einer abgespeckten Form der Exkommunikation. Damit sind jedwede Dienste bei Gottesdiensten und selbst der Kommunionempfang für Sch. eigentlich tabu. Ob das den falschen Kardinal beeindruckt, darf getrost bezweifelt werden.
Von Christian Wölfel (KNA)