Ein Job für einen Experten
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und der evangelische Pressedienst epd schrieben, der Papst persönlich habe Tebartz die kalte Schulter gezeigt und dies mit den Worten "Ich denke gar nicht daran!" erläutert. Andere, darunter die "Passauer Neue Presse" und das Internetportal kath.net, berichteten unter Berufung auf anonyme Quellen, dass die Ernennung bereits erfolgt sei. Da eine offizielle Mitteilung des Heiligen Stuhls ausblieb, konnte jeder nach Belieben spekulieren, was der Papst zu der Personalie Tebartz gesagt oder entschieden habe.
Erst eine neue Information aus dem Vatikan, die am Samstagabend in Rom einigen deutschen Korrespondenten mitgeteilt wurde, brachte mehr Klarheit: Der ehemalige Limburger Bischof ist zum Delegaten ernannt worden , und das bereits im Dezember und mit Unterschrift des Kardinalstaatssekretärs.
Die Entscheidung liegt ganz auf der Linie einer vatikanischen Mitteilung vom 26. März 2014. Damals hatte der Heilige Stuhl Tebartz' Amtsverzicht bekanntgegeben und erklärt: "Der scheidende Bischof Tebartz-van Elst wird zu gegebener Zeit mit einer anderen Aufgabe betraut werden. Der Heilige Vater bittet den Klerus und die Gläubigen des Bistums Limburg, die Entscheidung des Heiligen Stuhls bereitwillig anzunehmen und sich darum zu mühen, in ein Klima der Barmherzigkeit und Versöhnung zurückzufinden."
Eine passende Aufgabe für den Katechese-Fachmann
Dass die neue Aufgabe im Vatikan für den habilitierten Pastoraltheologen Tebartz durchaus passend sein könnte, war in Rom seit Wochen im Gespräch. Denn vor seiner glücklosen Zeit als Limburger Bischof war Tebartz Fachmann für die Theorie der Erwachsenen-Katechese, also Glaubensunterweisung. Er hatte an der Notre Dame Universität in Indiana studiert und war mit einer Arbeit über das US-amerikanische Erwachsenen-Katechumenat promoviert worden. Er lehrte an den Universitäten Münster und Passau und hatte einen exzellenten Ruf, den er erst in den Limburger Bischofsjahren durch eine Reihe von Fehlern ramponierte.
Der Blick auf das akademische Vorleben war es auch, der offenbar den Präsidenten des Päpstlichen Rates für Neuevangelisierung, Erzbischof Salvatore Fisichella, rasch von der Eignung des Deutschen überzeugte. Fisichella, selbst ein Mann der Wissenschaft, hatte es zwar geschafft, das Feld der Katechese in die Zuständigkeit des 2010 gegründeten Rates zu ziehen. Es war dem Italiener aber bislang nur ansatzweise gelungen, hier Konzepte zu entwickeln, die international greifen. Mit Tebartz' Kenntnissen aus der deutschen, amerikanischen und französischen Fachliteratur erhofft sich der Rat neue Impulse. Zu seinen Aufgaben gehört es, Konzepte und Empfehlungen für die Glaubensunterweisung in allen Altersstufen zu entwickeln.
Keine Versorgung eines Gefallenen
Dass Tebartz sich auf diesem Gebiet besser bewährt als in der Führung des Limburger Bistums, ist nun die Hoffnung im Vatikan. "Ein bloßer Versorgungsposten für einen gefallenen Bischof ist die Stelle jedenfalls nicht", erklärte ein deutschsprachiger Kurienmitarbeiter. Selbst wenn der Rat für die Neuevangelisierung aufgelöst werden sollte, bleibe das Feld der Katechese wichtig.
Noch immer nicht geklärt ist indes die Frage, ob der Papst von der Ernennung wusste und ob der Satz er "denke gar nicht daran" gefallen ist oder nicht. Wollte er damit möglicherweise nur das Ansinnen abschmettern, die erfolgte Ernennung offiziell bekanntzugeben oder zu kommentieren? Oder blockierte das Staatssekretariat die Veröffentlichung, weil es neue Negativschlagzeilen in Deutschland fürchtete?
Bei der letzten aktenkundigen Ernennung eines solchen Delegaten war der Vatikan jedenfalls viel transparenter: Als Carlos Alberto de Pinho Moreira Azevedo, vormals Weihbischof in Lissabon, am 11. November 2011 zum Delegaten im Päpstlichen Kulturrat ernannt wurde, teilte der vatikanische Pressesaal dies ganz regulär in seinem täglichen Pressebulletin mit.
Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)