Nach vorne
Anders als in den beiden vergangenen Jahren dominierten nicht quälende Fragen über den Missbrauchsskandal und beängstigende Zahlen über eine rekordhohe Austrittswelle das Treffen. Und auch die Klage über die Vielstimmigkeit und fehlende Harmonie bischöflicher Wortmeldungen - der Erzbischof einer großen Diözese sprach kritisch rückblickend von einer "Kakophonie" - richtete sich diesmal in Fulda vor allem auf die Vergangenheit.
Umso intensiver und offener befassten sich die Bischöfe mit den kirchlichen Problemen der Gegenwart und der Zukunft. Auch der Rückenwind der lange ersehnten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gegen den "teilweisen" Kirchenaustritt sowie die Einigung mit Rom in dieser jahrelang umstrittenen Frage beflügelten die Versammlung.
Einen ganzen Studientag lang widmeten sich die Apostelnachfolger der Frage, wie der Religionsunterricht und die Glaubensunterweisung in den Gemeinden unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts funktionieren können. Bemerkenswert offen setzten sie sich dabei mit der Tatsache auseinander, dass trotz gut ausgebildeter Religionslehrer und Hunderttausender Kinder, die vor ihrer Erstkommunion im Glauben unterrichtet wurden, eben dieser Glaube immer mehr zu verdunsten scheint.
Glaubensweitergabe verbessern
Nicht ganz zufällig erschien parallel zur Bischofsversammlung eine Umfrage des Instituts Allensbach, die belegt, dass auch unter Katholiken die Zahl jener, die an den Schöpfergott, die Gottessohnschaft Christi und die Auferstehung der Toten glauben, dramatisch zurückgeht. Als eine Konsequenz wollen die Bischöfe nun wissenschaftlich untersuchen, wie die Glaubensweitergabe in Unterricht und Katechese funktioniert und wie sie verbessert werden kann. Auf keinen Fall wollen die Bischöfe das Instrument Religionsunterricht, das der Kirche in den meisten Bundesländern von der Verfassung garantiert wird, aus der Hand geben. Doch sie haben erkannt, dass es verbessert werden muss.
Allgegenwärtig war in Fulda auch die Befassung mit den Themen, die bei den ersten beiden Etappen des bundesweiten kirchlichen Gesprächsprozesses in Mannheim und Hannover gesetzt worden sind. Vor allem beim früheren Reizthema der wiederverheirateten Geschiedenen zeichnen sich pragmatische Lösungen ab. Während die Bischöfe selbstbewusst gegen die gesellschaftlichen Moden daran festhalten, dass die Ehe ein Sakrament und eine unauflösliche Verbindung ist, deutete sich in Fulda für das kirchliche Arbeitsrecht in Deutschland eine Veränderung an. Eine Reform könnte dazu führen, dass eine Zweitehe künftig nur noch für jene Kirchenangestellte ein Entlassungsgrund sein wird, die eine herausgehobene Stellung in Seelsorge und Verkündigung bekleiden.
An diesem Punkt haben die deutschen Bischöfe weitreichende Entscheidungsfreiheit, weil das kirchliche Arbeitsrecht nur an wenige weltkirchliche Vorgaben gebunden ist. Die bisherige Regelung, wonach die meisten kirchlichen Angestellten bei einer zweiten Partnerschaft nach einer Scheidung die Entlassung fürchten mussten, hatte in der Realität zu mancherlei Fällen von Scheinheiligkeit und Doppelmoral geführt.
Jenseits der Weiheämter
Das Thema "Stärkung der Rolle der Frauen in der Kirche" - ebenfalls ganz oben auf der Wunschliste der Dialogteilnehmer von Mannheim und Hannover - steht bei der kommenden Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe auf dem Programm. Auch hier bilden die weltkirchlichen Vorgaben aus Rom die Grenze. Eine Diakonen- oder gar Priester- und Bischofsweihe für Frauen werden die Bischöfe deshalb nicht mal als offene Frage erörtern.
Doch jenseits der Weiheämter am Altar gibt es im kirchlichen Apparat eine ganze Reihe einflussreicher und wichtiger Posten, die bislang nur selten mit Frauen besetzt werden. Die Bandbreite reicht von den Professorenstellen an den Theologischen Fakultäten bis hin zu den mächtigen Rechts-, Personal- oder Finanzdirektoren in den Bistümern. Seit diese Stellen auch von Laien besetzt werden, stehen sie prinzipiell auch für Frauen offen. Doch die Realität sieht oft noch andres aus. Darüber, wie sich das ändern lässt, werden die Bischöfe bei ihrem Treffen in Deutschland ältestem Bistum beraten.
In Trier wird sie am 18. Februar mit Stefan Ackermann einer der jungen Bischöfe begrüßen, die beim Dialogprozess eine besonders aktive Rolle spielen und der in seinem Bistum sogar noch einen Schritt weiter geht, indem er eine Diözesansynode abhält.
Von Ludwig Ringel-Eifel