Verstrickte Finanzen
Jährlich rund 460 Millionen Euro geben die Bundesländer - mit Ausnahme der Stadtstaaten Bremen und Hamburg - an Staatsleistungen für Kirchen und Religionsgemeinschaften aus. Dabei erhält die evangelische Kirche mehr als die katholische. Auch die jüdischen Gemeinden und der Humanistische Verband bekommen Geld vom Staat.
Zuschüsse für Ausbilsungsstätten und Seelsorger
Bei den meisten Zuwendungen an die Kirchen geht es ursprünglich um Entschädigungen für die Enteignung kirchlichen Vermögens wie Ländereien oder Klöstern im Rahmen der Säkularisierung zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Jahresrenten für Bischöfe und Domkapitulare, Zuschüsse für kirchliche Ausbildungsstätten und Seelsorger, Unterhaltsverpflichtungen für kirchliche Gebäude reichen in einzelnen Fällen aber auch bis in die Reformation zurück. So entwickelte sich ein kaum entwirrbares Gestrüpp historischer Rechte und Ansprüche.
Im Kaiserreich und in der Weimarer Republik stand die Frage der Staatsleistungen weiter auf der Tagesordnung. Die Forderung nach einer Ablösung wurde schon in der Weimarer Verfassung verankert. Das Grundgesetz übernahm diese Klausel dann als Verfassungsauftrag. Das Alter stellt aber nicht die Legalität der Ansprüche infrage. Auch Schneider betonte gegenüber der Tageszeitung "Die Welt", dass es sich um "Rechtsverpflichtungen" handle. Deshalb sei es falsch zu behaupten, diese Leistungen "könnten ersatzlos gestrichen werden".
Kirchen wollen eine Lösung
Die katholische Bischofskonferenz erklärt seit längerem: "Die Kirche wird sich einer weitergehenden Lösung nicht verschließen, wenn diese ausgewogen ist." Die Entscheidung liege bei den einzelnen Bistümern. Einige Bischöfe haben deutlich gemacht, dass sie an einer zeitgemäßeren Weise der Finanzierung durchaus Interesse haben.
Zugleich verweist die Bischofskonferenz darauf, dass die Kirchen und einzelne Bundesländer schon heute immer wieder Absprachen über Änderungen und Ablösungen einzelner Staatsleistungen treffen. Allerdings habe es bislang, "nicht zuletzt wegen der damit verbundenen sehr erheblichen Kostenverpflichtungen, keine diesbezügliche Initiative des Staates gegeben". Und Schneider unterstreicht, dass sich der Verfassungsauftrag "zunächst an den Bund richtet, dazu rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen" - freilich im Einvernehmen mit den Kirchen.
18- bis 25-fache Jahreszahlung
Die SPD-Kirchenpolitikerin Kerstin Griese, Mitglied der Synode der evangelischen Kirche, geht unter Berufung auf Experten von einer Ablösesumme in Höhe der "18- bis 25-fachen Jahreszahlung" aus. Eine Einmalzahlung sei für den Staat also teuer, so Griese gegenüber der "Welt". Als denkbaren Weg nannte der Bonner Staatskirchenrechtler Ansgar Hense den Aufbau eines Kapitalstocks "in einem unteren zweistelligen Milliardenbereich", um aus den Zinsen die Zahlungen auf heutigem Niveau zu sichern. Vielleicht wäre angesichts verhältnimäßig gut gefüllter Kassen bei Bund und Ländern jetzt ein günstiger Zeitpunkt für das historische Unterfangen.
Von Christoph Scholz (KNA)