Abschied von einem Stück Heimat
Idylle mitten in NRW: Unberührte Landschaft, kleine Dörfchen und als Landmarke die mächtigen Zwillingstürme des neuromanischen Kirchenbaus in Immerath, die das Dorf weithin sichtbar machen. Man sollte sich dieses Bild gut einprägen, denn in einem Jahr wird der Braunkohletagebau Garzweiler Häuser, Höfe, Felder und Kirchen dem Erdboden gleichmachen. Von den 1.200 Einwohnern sind vielleicht noch drei Dutzend übrig. Aber auch sie werden den Kampf gegen Abrissbirne und Schaufelradbagger verlieren.
Ebenso wie die mächtige Kirche Sankt Lambertus, deren Glocken zum letzten Mal zum Gottesdienst gerufen haben. Am Tag zuvor haben hier die letzte Taufe und die letzte Hochzeit stattgefunden. Am Nachmittag des 13. Oktobers 2013 wurde hier zum letzten Mal gepredigt, gebetet und gesungen. Dann wurde das Gotteshaus entwidmet und damit zu einem normalen Baudenkmal ohne Funktion. Abrissbereit.
Bis zuletzt haben sich Gläubige Sonntag für Sonntag mit dem Bus nach Immerath bringen lassen, um in IHRER Kirche den Gottesdienst zu feiern. Irgendwie hat es die Gemeinde, die durch die Umsiedlung auseinandergerissen wurde, wieder näher zusammenrücken lassen. Vor allem die älteren Menschen am Ort verbindet viel mit Sankt Lambertus. Sie haben die Kirche doch mit eigenen Kräften und viel Herzblut nach dem Krieg wieder aufgebaut. Im neuen Ort ist eine moderne Begegnungsstätte für 2015 geplant.
Nach einem aktuellen Bericht der Süddeutschen Zeitung erwägt RWE firmenintern einen früheren Ausstieg aus dem Braunkohleabbau Garzweiler. Statt 2045, könnten die Schaufelradbagger schon 2018 stillstehen. Gleichzeitig prüft das Bundesverfassungsgericht, ob Zwangsumsiedlungen für den Tagebau rechtens sind.
Für die Immerather und ihren Dom käme ein Bau- und Umsiedlungsstopp indes zu spät. Allein die Glocken werden nach ihrer Restaurierung auch in Neu-Immerath läuten und der Immerather Gemeinde vielleicht wieder ein Stück Heimatgefühl am neuen Ort vermitteln.
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